Agile Transition – Auf zur ganzheitlichen Agilität! Was heißt das genau und was bedeutet agil im Kontext von Software und Systems Engineering? Das Fraunhofer IESE hat jahrelange Erfahrung mit »Agile« im Bereich Software Engineering, was nun ein ganzheitliches Thema für viele Organisationen wird.
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Wenn wir von »Agile« sprechen, umfasst dies viele verschiedene Aspekte des Software Engineering. Allesamt bauen auf dem Agilen Manifest der Softwareentwicklung auf, das die Werte und Prinzipien des »Agile«-Ansatzes definiert. Dabei propagieren wir den schrittweisen Wandel hin zu einer agilen Organisation: beginnend mit einem einzelnen agilen Team, zu einem agilen Projekt, über agile Organisationseinheiten bis zu einem agilen Unternehmen (s. Abb.). Das bedeutet, dass die Transition (Übergang/Wandel) bottom-up vollzogen werden sollte, damit das Unternehmen behutsam von »Agile« profitieren kann.
Agile auf Teamebene
Die ersten Schritte der Transition hin zum agilen Unternehmen beginnen dabei auf Teamebene. Hier ist es wichtig, mit einer IST-Analyse des aktuellen Entwicklungsprozesses und des Entwicklerteams zu starten. Im Rahmen der IST-Analyse stellen wir unter anderem fest,
- welche Methoden & Praktiken bereits Anwendung finden,
- in welchem Unternehmenskontext dies stattfindet und
- welche Ziele im Prozess verfolgt werden sollen bzw. wo im Prozess Probleme und Herausforderungen existieren.
Unternehmen stellen sich oft die Frage nach der agilen Reife ihrer Organisation oder eines einzelnen Projekts. Einen Weg zur Beantwortung der Frage bieten Agile Maturity Models (AMM). Diese ermöglichen es, den Reifegrad des Projekts oder sogar eines ganzen Unternehmens in Bezug auf seine Agilität anhand definierter Kriterien und Stufen zu bewerten. Bei einem vom Fraunhofer IESE durchgeführten Vergleich existierender AMM zeigten sich ganz unterschiedliche Verwendungszwecke – von Benchmarking über das Aufdecken von Engpässen bis hin zum Self-Assessment. Mit diesem Wissen unterstützt das Fraunhofer IESE Unternehmen dabei, ein für sie passendes Reifegradmodell zu definieren – unter Berücksichtigung von Kontext und Zielsetzung. Auf Basis der AMM und Erfahrungen aus der Praxis haben wir Self-Assessments für Scrum sowie für Kultur und Mindset erstellt.
Ausgehend von dieser Analyse können wir dann definieren, wie sich das Team im Hinblick auf seine Prozesse weiterentwickeln kann. Hierfür wird die von der Abteilung erstellte Agile Potenzialanalyse instanziiert. Zielsetzung dieser Analyse ist es, die passende Agilität als Menge agiler Praktiken zu definieren. Die etablierten Praktiken werden auf Basis der individuellen Ziele und des spezifischen Kontexts, wie z. B. Regularien (Automotive SPICE), mit unserer objektiven Hilfe ausgewählt. All dies hat das Fraunhofer IESE in einem Pocket Guide zusammengestellt und beschrieben.
Agile auf Projektebene
Am Übergang zwischen den Transitionsebenen »Team« und »Projekt« findet sich die Thematik »Agile Systems Engineering« wieder. Speziell in eingebetteten Systemen ist die Synchronisation zwischen verschiedenen Teams wichtig, z.B. zwischen Hardware- und Softwareteams.
Die Schnittstelle zwischen Team und Projekt ist nur ein spezieller Fall von Agilität in einem nicht-agilen Umfeld. Lösungen zur besseren und agileren Abstimmung an der Schnittstelle verschiedener Unternehmensbereiche werden in Zukunft eine große Rolle spielen, um Unternehmen ganzheitlich agiler zu gestalten. Mit der engeren Verzahnung von Entwicklung und Betrieb, den sog. DevOps (Development und IT-Operations), wird die Erweiterung von Agilität über verschiedene Unternehmensbereiche hinweg bereits betrachtet. In Zukunft müssen auch andere Unternehmensbereiche wie Marketing, Vertrieb oder Personal befähigt werden, flexibler mit agilen Teams in der Entwicklung zusammenzuarbeiten.
Bewegt sich ein Unternehmen bei seiner Transition über die Projektebene hinaus, gerät die Skalierung von Agilität in den Vordergrund. Die Skalierung findet über ein Projekt, ein Programm oder ein Portfolio bis hin zur kompletten Organisation statt. Im Rahmen einer Bestandsaufnahme werden unterschiedliche Skalierungsmodelle miteinander verglichen und im Hinblick auf die Vor- und Nachteile ihrer individuellen Anwendung charakterisiert. Mithilfe eines am Fraunhofer IESE entwickelten toolgestützten Ansatzes können Unternehmen den individuell am besten geeigneten Ansatz für sich auswählen.
Veranstaltungstipp: XP Days Germany 6.-8. November 2019
Offene Konferenz für Agile Software Entwicklung und Extreme Programming mit Fokus auf Entwicklerthemen.
Community Day, Vorträge, Hands-On, Extreme Presentations und Diskussionsrunden.
Unser Autor, Sven Theobald, ist mit einem Vortrag mit Forschungsergebnissen zu folgenden Themen dabei:
- Übersicht agiler Praktiken und ihrer Auswirkungen auf Verbesserungsziele
- Vergleich Agiler Reifegradmodelle
- Vergleich Agiler Skalierungsframeworks
- Agilität im regulierten und traditionellen Umfeld
- Agile Transition und agile Organisation
Agile auf Organisations- und Unternehmensebene
Neben Softwareentwicklungsprozessen können auch ausgewählte Geschäftsprozesse betrachtet und verbessert werden. Im Fokus steht dabei die Implementierung von Praktiken aus der agilen Softwareentwicklung in Geschäftsprozesse aus unterschiedlichen Unternehmensbereichen, wie z.B. Daily Stand-up oder Taskboard. Dabei werden zunächst für den betrachteten Geschäftsprozess geeignete Praktiken ermittelt und implementiert. Anschließend werden die Auswirkungen auf den Prozess evaluiert. Aufgrund der Vielzahl an existierenden Geschäftsprozessen ist dies ein komplexes Unterfangen. In Industrie- und Forschungsprojekten untersucht das Fraunhofer IESE, wie Unternehmen bei Digitalisierungsszenarien mit Agilität unterstützt werden können. Diese Herangehensweise ermöglicht eine Agilisierung einzelner Unternehmensbereiche und ebnet den Weg zu einem agileren Unternehmen.
Sie haben Fragen? Ihr Unternehmen will agil arbeiten? Sie stecken schon mittendrin und kommen nicht weiter? Kontaktieren Sie uns! Wir finden auch für Sie die richtigen nächsten Schritte.
Anna Schmitt, Sabrina Hörner, Sven Theobald