Agile Verwaltung

Agiles Arbeiten Nachteile – Herausforderungen für Agilität in Verwaltungen (Teil 3)

Agilität bietet öffentlichen Verwaltungen viele Chancen. Diese haben wir im vorherigen Beitrag unserer Blogserie zum Thema »Agilität in der Verwaltung« (Teil 2) betrachtet. Analog stellen wir in diesem Beitrag nun Herausforderungen bei der Einführung von Agilität vor und nennen auch mögliche Nachteile des agilen Arbeitens.

Dieser Blog-Post ist der dritte Teil einer mehrteiligen Serie zum Thema »Agilität in der Verwaltung«:

Die folgende Aufzählung erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit, sondern nennt lediglich wichtige Herausforderungen, basierend auf unserer Einschätzung sowie aus der Literatur [1][2]. Es lassen sich folgende Herausforderungen agiler Vorgehensweisen für öffentliche Verwaltungen identifizieren:

Höherer Kommunikationsaufwand

Ein Schwerpunkt agiler Methoden ist eine ausgeprägte Kommunikation mit den Stakeholdern und innerhalb des Teams. Der Schwerpunkt auf ständiger Rück- und Absprache sowie Zielanpassung erfordert einen deutlich größeren Teil der verfügbaren Kapazität, als dies bei klassischen Organisationsmethoden der Fall ist. Manche nennen den hohen Kommunikationsaufwand beim agilen Arbeiten als Nachteil. Doch die agile Methode nimmt diesen Mehraufwand in Kauf, da die Vorteile durch eine bessere Nutzerzentrierung und ein zielgerichtetes Arbeiten überwiegen sollen. Gleichzeitig wird vermieden, Aufwand in Planungen zu stecken, die durch unerwartete Änderungen wieder verworfen werden müssten, wie das bei einer klassischen Organisation oft der Fall ist. Dies ist insbesondere für Projektarbeit in interdisziplinären Teams hilfreich. Gerade bei planbaren und unabhängigen Aufgaben mit geringer Komplexität besteht wenig Notwendigkeit für Innovationen oder Zusammenarbeit. Dies ist oft bei standardisierten Aufgaben, wie sie zum Beispiel in Bürgerzentren anfallen, der Fall. Allerdings kommen dabei die Vorteile von Agilität nicht so stark zum Tragen, weshalb der Mehraufwand i. d. R. nicht gerechtfertigt ist.

Bürokratische Strukturen

Das Agile Manifest beschreibt die der Agilität zugrundeliegenden Werte und stellt dabei Individuen und ihre Interaktionen über Prozesse und Tools. Gleiches gilt für  das Schaffen von Wert für den Kunden im Vergleich zu umfassender Dokumentation. Dem entgegen steht bei vielen Verwaltungsaufgaben die bürokratische Vorgehensweise mit definierten Prozessen und manchmal schwer verständlichen Formularen. Die hierarchischen Strukturen setzen die Arbeitsteilung um, Verantwortlichkeiten und Aufgabenbereiche sind klar geregelt. Es gibt zugehörige Gesetze und Vorschriften, nach denen sich Verwaltungsmitarbeitende bei der Bearbeitung ihrer Aufgaben richten müssen. So bleibt in diesen klar definierten Verwaltungsaufgaben wenig Freiraum für agiles Arbeiten. Anstelle einer direkten Kommunikation, mit der auf die Bedürfnisse der Bürger*innen eingegangen werden kann, findet die Interaktion mit den Bürger*innen somit oft unpersönlich über den Austausch von Formularen und Dokumenten statt. Diese Vorgehensweise hat sicherlich zu einem gewissen Grad eine Berechtigung, macht die Etablierung agiler Vorgehensweisen aber zu einer Herausforderung.

Zuständigkeiten und Abteilungsgrenzen

In einer agilen Organisation sollen starre Hierarchien und Silos abgebaut werden, um Wissen im Unternehmen zu verbreiten. Ziel wäre es daher, dass Verwaltungsmitarbeitende nicht nur für ein Thema zuständig sind und übergreifendes Wissen aufbauen, um Kund*innen nicht – wie aktuell üblich – häufig an Kolleg*innen aus anderen Abteilungen weiterverweisen zu müssen. Hier wäre es hilfreich, wenn Verwaltungsmitarbeitende auch abseits ihrer Kernkompetenz Hilfestellung bieten können oder aber in enger Absprache mit den jeweiligen Expert*innen gemeinsam eine abteilungsübergreifende Lösung für die Kunden suchen. Diese Vision einer kundenzentrierten Lösungssuche passt nicht zu der strengen Aufgabenteilung und der klaren Definition von Verantwortlichkeiten der Verwaltungsmitarbeitenden. Gleichzeitig findet dieser abteilungsübergreifende Austausch oft zu wenig statt und Mitarbeitende sind nur auf ihr eigenes Aufgabengebiet fokussiert.

Aufwändige Umsetzung

Will man eine agile Verwaltung in einer Behörde implementieren, muss man sich darüber klar sein, dass der finanzielle und zeitliche Aufwand nicht unerheblich ist. Solch eine Agile Transition ist unweigerlich mit Schulungen für alle Mitarbeitenden verbunden und benötigt Zeit, bis die Änderungen an Strukturen und Denkweisen etabliert sind. Neben dem Erlernen der neuen Arbeitsweisen müssen vor allem Verständnis und Akzeptanz für die agilen Werte geschaffen werden, um die agile Vorgehensweise auch gewinnbringend einzusetzen. Dies erfordert viel Überzeugungsarbeit. Eine agile Transition dauert in der Regel mehrere Jahre – es handelt sich um ein Change-Projekt, denn Mitarbeitende ändern ihre Einstellungen und Prinzipien nicht innerhalb eines Jahres.

Zusammenfassung

Die Einführung von Agilität in öffentlichen Verwaltungen zeigt ähnliche Herausforderungen, wie sie auch aus anderen Anwendungsdomänen (z.B. der Softwareentwicklung) bekannt sind. Bestehende, traditionelle Denk- und Arbeitsweisen sowie organisatorische Strukturen müssen bei einer Agilen Transition zunächst aufgebrochen werden – und dieser nötige Change stößt oft auf Widerstände. Gerade in sehr bürokratisch anmutenden Verwaltungen wird der Wandel darum häufig herausfordernd. Gleichzeitig wird der Einsatz agiler Vorgehensweisen bei unterschiedlichen Aufgabengebieten diverse Herausforderungen mit sich bringen, sodass gut überlegt werden muss, wo welche agilen Werkzeuge eingesetzt werden sollen.

Im Folgenden (Abbildung 1) haben wir alle zuvor genannten Herausforderungen bei der Einführung einer agilen Verwaltung in Form einer zusammenfassenden Grafik zusammengestellt.

 

In der Fortsetzung (Teil 4) unserer Blog-Serie werden wir auf bisherige Forschungserkenntnisse eingehen und den Bedarf weiterer Forschung zum Thema Agile Verwaltung aufzeigen.

Hier geht’s zu Teil 4 unserer Blogserie mit dem Titel »Agilität in der Verwaltung« (Link steht nach Veröffentlichung von Teil 4 bereit).

 

Sie wollen noch mehr zum Thema »Agilität« erfahren? – Wir haben hier drei Lesetipps für Sie:

Bei Fragen oder Anmerkungen kontaktieren Sie gerne auch unseren Experten Sven Theobald.

Literaturverzeichnis

[1] Huijie Zheng. Agile Verwaltung. Seminar at Technical University Kaiserslautern, 2021
[2] Moritz Junginger & Kilian Hampel, Chancen und Risiken von agilen Methoden in der Verwaltung, https://agile-verwaltung.org/2019/05/09/chancen-und-risiken-von-agilen-methoden-in-der-verwaltung/, 11.05.2019