Alle zwei Jahre treffen sich Software- und Elektronik-Experten aus der Automobilindustrie auf dem ELIV-Kongress, um sich zu aktuellen Trends und Entwicklungen auszutauschen.
In diesem Jahr wurde mit 1700 Teilnehmern im Bonner Kongresszentrum ein neuer Rekord aufgestellt, was auch als Indikator für die Aktualität der Themen und den Bedarf, sich in Bezug auf die aktuellen Herausforderungen auszutauschen, gelten darf.
Das Thema autonomes Fahren mit all seinen verbundenen Herausforderungen stand dabei ganz oben auf der Liste der ‚Hot Topics‘, dicht gefolgt von Security. Vernetztes, automatisiertes Fahren spielt in vielen der neuen Geschäftsmodelle für die zukünftige Mobilität eine große Rolle. Die Transition vom Individualverkehr einzelner Fahrzeuge hin zum vernetzten Mobilitäts-Ökosystem erfordert dabei tiefgreifende Änderungen bei Produkten und Entwicklungsprozessen. Eindrucksvoll zeigte Elmar Frickenstein in seiner Keynote, wie dies bei BMW aussieht: 2000 Ingenieure arbeiten im neuen Entwicklungszentrum in Unterschleißheim an der Plattform für autonomes Fahren nach einem Continuous Engineering-Ansatz. Dazu werden 80 Feature-Teams über ein gemeinsames Backlog synchronisiert. Ein Ziel ist auch, off-board- mit on-board-Funktionen in einer Ende-zu-Ende Architektur miteinander zu verbinden. So können über das Fahrzeug erfasste Situationen nach einer entsprechenden Analyse schon nach wenigen Tagen in Software-Updates für die Bordelektronik resultieren. Für derart große Systeme braucht man starke Partner – Kooperationen zwischen Playern aus unterschiedlichen Bereichen, IT und Fahrzeugtechnik, bauen deshalb die zukünftigen Plattformen und Ökosysteme.
Überhaupt zeigten sich Aspekte der digitalen Transformation in vieler Hinsicht. Auf der Ebene der Geschäftsmodelle wird das Management der Kundenbeziehung immer wichtiger, das einzelne Produkt tritt in den Hintergrund. Die Hersteller und Zulieferer haben dabei eine klare Roadmap, wie das Thema autonomes Fahren schrittweise eingeführt werden kann: vom autonomen Park-Assistenten auf privatem Gelände über den Autobahnpiloten bis hin zum autonomen Fahrzeug, das auch den Stadtverkehr bewältigt. Eine nicht-repräsentative Umfrage unter den Kongressteilnehmern ergab, dass man 2028 mit autonomen Fahrzeugen in der Stadt rechnen könne. Die Frage, wann die Hälfte der Erstzulassungen auf Elektrofahrzeuge entfiele, wurde dagegen mit ‚2035‘ beantwortet. Dies ist deshalb erstaunlich, da für ersteres die rechtlichen Grundlagen noch gar nicht existieren, das Thema Elektromobilität aber in der Politik stark diskutiert und gefordert wird.
Ein wesentlicher Treiber für neue Methoden und Techniken ist dabei die Komplexität der entstehenden Ökosysteme. Nach Aussage von BMW müssten 95% der Erprobungen virtuell ablaufen. Auch Vertreter von Volkswagen sprachen von „virtuellen Prüfplätzen“. Mit seiner Lösung FERAL für die virtuelle Validierung und Simulation von System-Designs präsentierte sich auch das Fraunhofer IESE mit einem Stand. Viele Besucher bestätigten den großen Bedarf an entsprechenden Lösungen – an einer virtuellen Validierung führt mittelfristig kein Weg vorbei.
Natürlich wurde auch das Thema künstliche Intelligenz diskutiert. Für komplexe Sensordatenmuster wird diese als enabling technology angesehen. Allerdings muss der Absicherung der funktionalen Sicherheit besonderes Augenmerk geschenkt werden. In diesem Zusammenhang findet die in der Entwicklung befindliche ISO 21448 (safety of the intended functionality, SOTIF) besondere Beachtung.
Dass sich nicht alles nur um Technologie dreht machte EU-Kommissar Günther Oettinger in seiner Keynote am zweiten Konferenztag deutlich: Es gehe nicht nur um den Export von S-Klasse Fahrzeugen, sondern auch darum, das europäische Wertesystem zu exportieren und zu festigen, um langfristig zwischen Asien und der USA als Wettbewerbsstandort bestehen zu können.
Lesen Sie mehr zum Thema autonomes Fahren und Safety in unserer Success Story über die Robert Bosch GmbH.