Industrie 4.0 und eine individualisierte, wandelbare Produktion bieten fertigenden Unternehmen enorme Vorteile auf dem Wirtschaftsmarkt. Im Projekt »BaSys« haben wir am Fraunhofer IESE mit der Lösung »Eclipse BaSyx« ein Basissystem für Produktionsanlagen entwickelt, das die effiziente Wandelbarkeit von Produktionsprozessen durch umfassende Verknüpfungen diverser IT-Komponenten ermöglicht. Auch kleine und mittlere Unternehmen (KMU) können davon profitieren. Darum unterstützt das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) KMU im Rahmen des Förderprogrammes »BaSys-Satelliten« auf ihrem Weg in Richtung Industrie 4.0. Ziel ist es, industrienahe Softwareprojekte in die Anwendung zu bringen. Dr. Thomas Kuhn, Leiter der Hauptabteilung »Embedded Systems« am Fraunhofer IESE, geht im Interview auf die Vorteile ein, die KMU aus einer Teilnahme an den BaSys-Satelliten generieren können.
Das Fraunhofer IESE hat mit »Eclipse BaSyx« eine Open-Source Industrie-4.0-Middleware geschaffen, die eine wandelbare Produktion ermöglicht. Wie funktioniert die Middleware und welche wesentlichen Aspekte der Industrie 4.0 sind in ihr verankert?
Ein ganz wichtiger Aspekt von Industrie 4.0 ist die durchgängige Vernetzung. Durchgängigkeit bedeutet, dass auch Geräte von unterschiedlichen Herstellern miteinander kommunizieren können. Hier liegt ein großes Problem in der Fertigung. Häufig kommen dann Herausforderungen und Fragestellungen auf wie: »Wie bzw. in welchem Format kann einem Roboter das Aussehen eines Produkts kommuniziert werden, sodass dieser weiß, wo er schrauben muss?« oder »Wie teile ich einem Roboter die Form eines gewünschten Werkstücks mit, sodass er mir mitteilen kann, ob er in der Lage ist, das Produkt zu fertigen?« Der Aspekt der systemübergreifenden Kommunikation spielt hier eine ganz entscheidende Rolle.
Um einen gezielten Informationsaustausch zu erlauben, ist es in der Industrie 4.0 essenziell, definierte Schnittstellen zwischen den verschiedenen involvierten Systemen zu schaffen. Mit BaSys 4 realisieren wir zum einen die Middleware, um diese Schnittstellen bereitzustellen bzw. zu operationalisieren, und definieren zudem, in welchem Format und in welcher Struktur die Daten ausgetauscht werden. Damit ermöglichen wir die Interoperabilität von Geräten, Prozessen und Diensten.
Mit dem Förderprogramm »BaSys-Satelliten« unterstützt das BMBF die Installation von BaSys-4-Lösungen in kleinen und mittleren Unternehmen (KMU). Welchen besonderen Nutzen können KMU aus den im Rahmen von BaSys entstandenen Lösungen ableiten?
Wir sehen BaSys als eine Plattform und gleichzeitig als Multiplikator. Aus vergangenen Förderaufrufen haben wir insbesondere zwei Arten von Projekten kennen gelernt: Zum einen gibt es Projekte, die das Ziel verfolgen, mit BaSys die eigene Fertigung zu optimiere, um einen Wettbewerbsvorteil zu erzielen. Hier steht die Digitalisierung der Fertigungsprozesse im Vordergrund. Als Beispiele hierfür sind die Anbindung von Fertigungsanlagen an ERP-Systeme, die Umsetzung von Dashboards, die prädiktive Wartung oder die Integration älterer Bestandsgeräte mithilfe moderner IT-Lösungen zu nennen. Häufig geht es darum, einen bestehenden Prozess verständlicher und digital erfassbar zu machen.
Zum anderen gibt es jedoch auch immer häufiger Projekte, in denen Produkte basierend auf BaSys realisiert werden. Zum Beispiel entstehen Werkzeuge, um digitale Schnittstellen für Geräte automatisiert zu erzeugen, oder Lösungen, die eine Vielzahl von Datenströmen in Echtzeit analysieren können.
BaSys liefert in beiden Fällen eine optimale Plattform, um Industrie-4.0-Lösungen zu schaffen. Für die Nutzer hat das den Vorteil, dass sie sich nicht mehr um die Realisierung der Basistechnologie kümmern müssen und sich damit vollends auf ihr Produkt oder auf ihren Prozess konzentrieren können.
Zudem ist die Nutzung von BaSys kostenfrei. Bei der Nutzung der Open-Source-Lösung fallen damit bis hin zur Produktrealisierung keinerlei Lizenzkosten an. Außerdem kümmern wir uns um eine stete Weiterentwicklung von BaSys, um die Lösung an neue Standards anzupassen. KMU, die auf BaSys setzen, können somit von einem kostenfreien Technologievorsprung profitieren.
Die BaSys-Satelliten gehen im Jahr 2020 in die dritte bzw. vierte Runde. Welche Branchen konnten in den vergangenen Runden adressiert werden? Welche weiteren Branchen würden Sie sich für eine Teilnahme an dem Förderprogramm wünschen?
In den beiden vergangenen Runden der »BaSys-Satelliten« konnten wir bereits zahlreiche Branchen adressieren. Die Projekte reichten von Zulieferunternehmen aus der Automobilbranche über Druckerzeugnisproduzenten bis hin zu Hygieneartikelherstellern.
Für die Zukunft wäre es für uns spannend, wenn wir noch mehr innovative Start-ups für BaSys begeistern könnten. Auch innovative Unternehmen aus der Automobilindustrie oder der IT-Branche können von unserer BaSys-Middleware profitieren.
Gibt es noch etwas, was Sie den Interessenten für die folgenden Runden der BaSys-Satelliten mit auf den Weg geben möchten?
Scheuen Sie sich nicht, uns anzusprechen, wenn Sie einen BaSys-Satelliten einreichen möchten und weitere Informationen wünschen. Wir freuen uns, wenn Sie uns kontaktieren und nehmen uns gern die Zeit, Ihre Projektidee zu diskutieren und Ihnen Wege aufzuzeigen, wie Sie Ihre Ideen mit BaSys umsetzen können!
Das Interview führte Jasmin Awan,
Mitarbeiterin in der Abteilung UKTM des Fraunhofer IESE.
Informationsveranstaltung über Kooperations- und Fördermöglichkeiten zu BaSys
Am Mittwoch, den 13. Mai 2020 um 16.00 Uhr findet für Interessierte unter dem Titel »Digitalisierung der Fertigung von KMU mit BaSys 4.0« ein »Digitales Industrie-Seminar« des Wirtschaftsministeriums Rheinland-Pfalz statt.
Das Bundesministerium für Bildung und Forschung unterstützt aktuell die Einführung von Industrie 4.0 im Mittelstand. Aufgrund der Fördermöglichkeiten informiert das Wirtschaftsministeriums des Landes Rheinland-Pfalz über Kooperations- und Fördermöglichkeiten und will zu weiteren Projekten in mittelständischen Unternehmen anregen.
Bei der Realisierung von Industrie-4.0-Projekten mit BaSys 4.0 konnte Rheinland-Pfalz eine führende Position einnehmen, weil die beiden Institute Fraunhofer IESE und DFKI Kaiserslautern in den vergangenen zwei Jahren eine Reihe von Projekten in Rheinland-Pfalz unterstützen konnten. Nun können weitere Unternehmen die Chance für eine Förderung nutzen. Dr. Thomas Kuhn, Hauptabteilungsleiter am Fraunhofer IESE und Projektleiter von BaSys, stellt am 13. Mai die Möglichkeiten der Open-Source-Middleware BaSys 4.0 und das Förderprogramm vor.
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