Fast die Hälfte aller Deutschen bevorzugt ein Leben auf dem Land. Nichtsdestotrotz sinkt die dortige Bevölkerungsquote, während sie in Metropolregionen immer weiter steigt. Treibender Grund hierfür ist die Anbindung an den Arbeitsplatz, der sich oft in der direkten oder nahen Umgebung von Großstädten befindet. Diese „Landflucht“ birgt jedoch verheerende volkswirtschaftliche, ökonomische sowie ökologische Folgen für die Zukunft: Leerstand und Wertverfall von Immobilien, das Verschwinden von Einzelhandel, medizinischer Versorgung oder Bildungseinrichtungen sind Konsequenzen, die mit der Landflucht einhergehen und die dortige Lebensqualität bedrohen.
Mit dem Projekt »Digitale Teams« (DigiPillR) möchte das Fraunhofer IESE diesem Trend entgegenwirken und das Leben und Arbeiten auf dem Land einfacher und attraktiver gestalten.
Täglich zum Arbeitsplatz pendeln oder eine sündhaft teure Wohnung in der ohnehin schon überlasteten Großstadt mieten? Weder die eine noch die andere Alternative scheint ein angenehmes Leben zu ermöglichen. Denn Metropolregionen sind überlaufen und Pendeln kostet nicht nur Nerven und Zeit, sondern belastet auch die Umwelt sowie die Verkehrsinfrastruktur. Ein Konsortium bestehend aus dem Fraunhofer-Institut für Experimentelles Software Engineering IESE, Microsoft Deutschland, Insiders Technologies, Welance und dem Institut für Technologie und Arbeit (ITA) sieht die Lösung hierfür im Einsatz von sogenannten Digitalen Teams, also Arbeitsgemeinschaften, die virtuell miteinander verbunden sind. Deren Erforschung widmen sich die Projektpartner bereits seit Oktober 2017. Im Projekt DigiPillR (Digitale Pioniere in ländliche Regionen) ist das erklärte Ziel eine Verbesserung der Beschäftigungsmöglichkeiten von Arbeitnehmern in ländlichen Regionen, um der Landflucht in Deutschland entgegenzuwirken.
Dabei versprechen sich die Projektpartner, durch verschiedene technologische Aufrüstungen Firmen, Arbeitnehmer und Gemeinden miteinander zu vernetzen und deren Zusammenarbeit so auch außerhalb des Büros zu besten Bedingungen zu ermöglichen. Bisherige Hemmnisse gegenüber Telearbeit möchten sie mithilfe des Einsatzes moderner IKT-Konzepte sowie agiler und empirischer Prozesse lösen. So soll Telearbeit, die oft unter dem Vorbehalt geringerer Produktivität und schlechter Austauschmöglichkeiten mit den Kollegen steht, in Zukunft eine ganz neue Dimension einnehmen: Zu Hause, isoliert von den Mitarbeitern, zu arbeiten, ist das Home Office von gestern. Für morgen sehen die Projektpartner besondere Arbeitsangebote wie z.B. Coworking Spaces vor, die Städte und Gemeinden im ländlichen Raum zu einem naturnahen Wohn- und Arbeitsumfeld machen.
Die Verwendung von sogenannten Smart Services soll bisherige Herausforderungen überwinden, sodass der Einsatz von virtuellenTeams zu keinerlei Einbußen im Vergleich zu lokalen Teams führt. Eine Ökosystemplattform aus verschiedenen Apps koordiniert dabei die tägliche Interaktion der digitalen Teams: Apps zum Datenaustausch, zur Kommunikation oder auch zur Erfassung der Arbeitszeit sollen die Mitarbeiter in ihren täglichen Aufgaben unterstützen. So ergibt sich eine Win-win-Situation für Arbeitnehmer, Arbeitgeber und die Gesellschaft insgesamt: Mitarbeiter digitaler Teams aus ländlichen Regionen sparen sich lange Pendelstrecken sowie hohe Wohnkosten in Städten und sind dennoch gut an ihr Unternehmen angebunden.
Gleichzeitig vergrößern Arbeitgeber durch die Nutzung von digitalen Teams ihr räumliches Einzugsgebiet auf dem Arbeitsmarkt und ihre Attraktivität als flexibler Arbeitgeber. Durch diese neue Arbeitsweise wird letztlich dem Rückgang der Bevölkerung in ländlichen Regionen entgegengewirkt und zur flächendeckenden Sicherung der Daseinsvorsorge beigetragen. Herausforderungen wie das tägliche Pendeln zum Arbeitsplatz sollen zukünftig also durch flexiblere Arbeitsform ersetzt werden, ohne dass dies auf Kosten der Produktivität eines Unternehmens geht.
Bereits hier zeigt sich also, dass digitale Ökosysteme, wie das Modell der digitalen Teams, zukünftig immer mehr Bedeutung in unserer Gesellschaft einnehmen werden. Zudem sind diese softwarebasierten Systeme Teil einer Platform Economy. Das bedeutet, dass sie nicht nur firmenintern für Vorteile sorgen, sondern auch darüber hinaus Unternehmen aus verschiedensten Branchen miteinander verbinden. Auf einer gemeinsamen Plattform können Firmen dabei ihre Produkte und Services anbieten und Vorteile generieren, die keines der beteiligten Unternehmen hätte alleine erzeugen können.
Interessierte KMUs können sich bei diversen Veranstaltungen der »Digitalen Teams« (DigiPillR) näher informieren und direkt mit unseren Wissenschaftlern ins Gespräch kommen.
Bereits am 13. September stellten Marcus Trapp und Claudia Nass-Bauer vom Fraunhofer IESE – unter anderem anhand des Einsatzes von Spielzeug – das Projektvorhaben dem BITKOM Arbeitskreis »Software Engineering« vor.
Und wie gestaltet sich die praktische Anwendung solcher digitaler Ökosysteme? Im Rahmen des Fraunhofer-Workshops »Design Thinking für alle – Lösungsideen für Leben und Arbeiten in ländlichen Raum« am 22. September 2018 auf dem Mitmachfestival Silicon Vilstal erfahren die Teilnehmer, wie Nutzer leicht in die Entwicklung neuer Produkte und Dienstleistungen integriert werden können. Mithilfe verschiedener Techniken des Fraunhofer IESE können die Teilnehmer das Gelernte direkt umsetzen und selbst eine prototypische Lösung für das Leben und Arbeiten auf dem Land entwickeln. Weitere Infos zur Veranstaltung.
Stellen digitale Teams also die perfekte Lösung für das zukünftige Arbeiten auf dem Land dar? Welchen Herausforderungen kann man bei deren Einsatz begegnen und wie können diese gelöst werden? Diese Fragestellungen werden Thema des Vortrags »Digitale Pioniere in ländlichen Regionen: Was macht digitale Teams erfolgreich?« sein, den das Fraunhofer IESE im Rahmen der Jahrestagung INFORMATIK 2018 der Gesellschaft für Informatik am 26. September 2018 in Berlin hält. Weitere Infos zur Veranstaltung.
Eine weitere Gelegenheit, einen Blick in die Zukunft zu erhaschen, bietet zudem die Fraunhofer-Erlebniswelt am 10. Oktober in Berlin. Auf der Kooperationsveranstaltung »Die Zukunft klopft an der Bürotür – Arbeiten in der digitalen Zeit« des Bitkom und des Fraunhofer IESE referiert unter anderem das Projektteam der »Digitalen Teams« zu neuen Arbeitsformen und Bedürfnissen der Zukunft. Nach den Vorträgen besteht die Möglichkeit, an einem interaktiven Besuch der »Arbeitswelt von morgen« teilzunehmen und zukünftige Arbeitsmethoden dort selbst zu erleben und auszuprobieren. Weitere Infos zur Veranstaltung.
Weitere Details zum Projekt lassen sich außerdem auf der Projektwebsite des Fraunhofer IESE finden: www.digitale-teams.de
Unsere Projektleiterin Susanne Braun freut sich auf Ihre Kontaktaufnahme!
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