Um in der digitalen Transformation mitzuhalten, müssen Produktionsunternehmen Maschinen und Anlagen auf aktuellem Stand der Technik halten. Der Nutzen liegt in flexibler, wandelbarer und transparenter Produktion. Dafür sind zum Teil erhebliche Finanzmittel erforderlich. Die Deckung dieser dringenden Finanzierungsbedarfe wird derzeit in den meisten Fällen entweder über Kredite oder Eigenmittel ermöglicht. Dies jedoch bedeutet langfristige und dauerhafte Ausgaben für Raten oder erhebliche Effekte auf liquide Mittel. Gleichzeitig besteht in der derzeitigen Niedrigzinsphase ein Bedarf an alternativen Möglichkeiten für Mittel- und Langfrist-Investitionen. Mit DFI4.0 (Digitale Finanzierungsmodelle für Industrie 4.0) soll ein Marktplatz entstehenden, der neue Finanzierungsmodelle anbietet und diese direkt mit den finanzierten Produktionsanlagen verbindet. Doch wie kann ein solcher Marktplatz gestaltet und aufgebaut werden? ibi research und Fraunhofer IESE planen ein Konsortialprojekt um dies konzeptionell zu entwickeln und prototypisch zu erproben – ein großer Wissens- und Know-how-Gewinn.
Woher kommt das Kapital für neue Industrie 4.0-Anlagen?
Die Situation der Produktionsunternehmen
Die Finanzierung insbesondere langfristig einzusetzender Anlagegüter stellt heute für viele Unternehmen eine mittlere bis hohe finanzielle Belastung dar. Höhe und Zeitbindung von Kapitalaufnahmen sind daher in einzelnen Fällen praktisch nicht machbar. Kleinere und Mittelständische Unternehmen (KMU) haben oft keine ausreichende Liquidität, um notwendige Produktions- und Fertigungsanlagen vorab zu bezahlen. Auch liquiditätsstärkere KMU und Großunternehmen bevorzugen häufig, eigene Mittel nicht langfristig in Anlagegütern zu binden. Attraktivere Möglichkeiten für eigene Mittel liegen beispielsweise in vertrieblichen Maßnahmen oder Akquisitionen.
Die Situation der Finanzierer
Die Kredit- oder Leasingfinanzierung ist jedoch häufig sehr kostenintensiv, auch wenn Anlagen kalkulatorisch mit attraktiven Gewinnen arbeiten würden. Banken müssen mit hohen Risikoprämien kalkulieren, da bei Ausbleiben der kalkulierten Gewinne eine Verwertung der Sicherheiten schwierig bis unmöglich ist. Demgegenüber sind Banken sowie Pensionsfonds, (Lebens-)Versicherungen und andere institutionelle Anleger permanent auf der Suche nach mittel- bis langfristigen Anlagemöglichkeiten, die zumindest einen positiven Realzins und gleichzeitig eine adäquate Risikostreuung gewährleisten. Solche Anlagemöglichkeiten sind derzeit und voraussichtlich mittelfristig knapp, da die bestehende Niedrigzinsphase in Europa noch einige Jahre – unter Umständen länger – anhalten wird.
Der DFI4.0-Marktplatz für digitale Finanzierungsmodelle für Industrie 4.0
Mit DFI4.0 soll ein digitales Ökosystem entstehen, das die auf den Finanzmärkten bestehende Diskrepanz zwischen Finanzierungsnotwendigkeiten im Bereich der Produktion einerseits und Anlagewünschen mittel- und langfristigen Charakters für Investoren andererseits überbrückt.
In DFI4.0 soll eine Plattform für neue, innovative und digitale Finanzierungsmodelle kreiert und für alle Teilnehmer an einem DFI4.0-Marktplatz nutzbar gemacht werden. Erforderlich hierfür sind ein digitales Geschäftsmodell für den DFI4.0-Marktplatz, neue und digitale Finanzierungsmodelle sowie die Vernetzung des Marktplatzes und seiner Finanzierungsmodelle mit den Shopfloors der Produktionsunternehmen. So wird die erforderliche Transparenz der Produktion hinsichtlich Auslastung, Output, Ausfallzeiten und letztlich Wertschöpfung kontinuierlich und transparent darstellbar und Finanzierungsrisiken und Gewinne werden exakt messbar.
Grundlegendes Modell des DFI4.0-Ökosystems
Das grundlegende Konzept der DFI4.0-Marktplattform ist in der nachfolgenden Abbildung dargestellt. Die wichtigsten Partner in diesem Ökosystem sind
- Finanzdienstleister wie z. B. Banken, Leasinggeber, Fonds,
- Investoren privater und institutioneller Natur, wie z. B. Versicherungen, Fonds
- Regulatoren und Finanzmarktaufsicht,
- Anlagen- und Maschinenbauer, z. B. Hersteller von Industrierobotern, Fräsmaschinen, Schweißmaschinen,
- produzierende Unternehmen aus den verschiedensten Branchen, die Maschinen und Anlagen günstig und an die Wertschöpfung gekoppelt finanzieren möchten sowie
- weitere Anbieter und Dienstleister, z. B. im Bereich Wartung oder Logistik.
Die Abbildung stellt das grundsätzliche Modell des DFI4.0-Marktplatzes und den teilnehmenden Partnern dar. Ebenso dargestellt ist die Anbindung der Marktplattform an die Produktionssysteme (Shopfloors) der teilnehmenden Produktionsunternehmen.
Technisch erfordert der Anschluss von Shopfloors und Maschinen an den DFI4.0-Marktplatz eine Middleware, die den Finanzierungsgebern eine transparente und präzise Sicht auf die wertbestimmenden Charakteristika der Anlagegüter verschafft. Dies umfasst diverse Daten und Informationen: Kaufpreise und verfügbare Marktpreise gebrauchter Anlagen, geleistete Zahl der Produktionszyklen, daraus resultierende Abnutzungen, getätigte Wartungsmaßnahmen und Nachrüstungen sowie der Erhaltungszustand der Maschinen, Versicherungsdaten und auch die Qualität der von einer Maschine produzierten Güter, etc.
Vernetzung des DFI4.0-Marktplatzes mit den Shopfloors
Wichtig hierfür ist passende und standardisierte Middleware. Mit BaSyx liegt eine solche Middleware vor. Sie wurde und wird im nationalen Referenzprojekt »BaSys 4.0« und dem Nachfolgeprojekt »BaSys 4.2« für Industrie 4.0 entwickelt. Basyx ermöglicht es unter anderem Daten, die lokal an einer Maschine über Sensoren anliegen, zu erfassen. An definierten zentralen Stellen können diese Daten z. B. in einer Cloud verfügbar gemacht werden. Verwaltungsschalen (digitale Zwillinge) erfassen den Zustand der Maschinen und der Produkte. So liefern sie ein einheitliches Bild bezüglich des Maschinenparks und der Produktion in einem Unternehmen. Dieses ist – wenn einheitlich und standardisiert – als Informationsquelle für die Bewertung der Wertschöpfung einer Maschine sowie ihres Restwertes geeignet. Und somit auch als Grundlage für Finanzierungsservices.
Derzeit hat BaSyx den Stand eines fortgeschrittenen Forschungsprototypen, der in erste industrielle Anwendungen gebracht wird. Mit Partnern laufen derzeit Gespräche über eine kommerzielle Version mit professionellem Support. Die Abbildung oben zeigt die Referenzarchitektur, die die BaSyx Middleware für Shopfloors (Plant level) implementiert: Virtual Automation Bus (Virtual middleware), digitaler Zwilling und Verwaltungsschalen (Device level). Diese Technologien ermöglichen eine flexible und wandelbare Produktion. Darüber hinaus ermöglichen sie auch vollständige Transparenz über die integrierten Maschinen und Produktionsanlagen – auch für digitale Finanzierungsmodelle.
Die Attraktivität digitaler Finanzierungsmodelle für Industrie 4.0
Attraktivität für produzierende Unternehmen
Aus Sicht produzierender Unternehmen bedeutet dieses Modell, dass neue Anlagen statt in einer Einmalzahlung oder durch Finanzierung (z. B. Kredit, Leasing) mit einem verminderten Risiko und einem günstigeren Zahlungsmodell beschafft und betrieben werden können. In diesem Fall ist keine Einmalinvestition für die Beschaffung mehr notwendig, vielmehr werden Zahlungen nur dann geleistet, wenn die Maschine auch produziert und die Produkte nachfolgend verkauft werden können: »Pay as you go«. Bei geringer Auftragslage fallen für nicht produzierende Maschinen keine Fixkosten und entsprechend angepasste Betriebskosten an.
Attraktivität für Finanzierer und Investoren
Aus Sicht von Finanzierern, z. B. Leasinggebern, Banken oder auch Anlagenherstellern, oder in Zukunft gegebenenfalls auch Investoren in »Maschinenfonds« ist dieses Modell attraktiv, da neue Möglichkeiten für besser abgesicherte Finanzierungen und bei Verbriefung attraktive neue Formen von Finanzanlagen kreiert werden, auf deren Basis Margen über »Pay as you go«-Ansätze realisiert werden können.
Attraktivität für die Finanzmarktaufsicht
Aus Sicht der Finanzmarktaufsicht können solche Modelle ebenfalls attraktiv und förderungswürdig sein, denn sie erlauben eine sehr detaillierte Risikoabschätzung und machen Sicherheiten deutlich besser fassbar und verwertbar. Die Europäische Zentralbank hat die standardisierte Beschreibung von Krediten mit den Vorgaben zu »AnaCredit« vorangetrieben. Darauf könnte ein Ansatz zur standardisierten Beschreibung von Sicherheiten, in diesem Fall der finanzierten Anlagen, aufsetzen (möglicher Arbeitstitel: »AnaObject«). So beschriebene Anlagen wären präziser bewertbar, im Fall von Zahlungsstörungen verwertbar und damit insgesamt besser für Finanzierungsmodelle nutzbar.
Kommen Sie mit in die Welt der digitalen Finanzierungsmodelle für Industrie 4.0-Produktion!
Das Konzept DFI4.0 wurde gemeinsam von ibi research an der Universität Regensburg GmbH und dem Fraunhofer IESE entwickelt. ibi research und Fraunhofer IESE suchen als Teilnehmer an diesem innovativen Projekt Unternehmen der Kategorien
- Finanzierer,
- Anleger,
- Maschinenhersteller und
- Maschinennutzer.
Wir laden Sie ein, sich an diesem zukunftsweisenden und innovativen Digitalprojekt aktiv und mit unterstützenden Finanzmitteln bei exklusiven Verwertungsmöglichkeiten der Ergebnisse zu beteiligen.
Mit DFI4.0 soll der erste wichtige Schritt von der Konzeption bis hin zu einem Prototyp für ein solches digitales Ökosystem und den erforderlichen Finanzierungsmodellen gegangen werden. Der Lerneffekt und der Aufbau von Know-how in diesem Feld ist für alle Partner in einem solchen Projekt von großem Nutzen.
Die vollständige Projektbeschreibung unseres Vorschlags für das Konsortialprojekt DFI4.0 kann hier heruntergeladen werden: Projektbeschreibung »Digitale Finanzierungsmodelle für Industrie 4.0«
Falls Sie Interesse haben mehr zu erfahren, nehmen bitte Sie Kontakt mit uns auf. Die Kontaktdaten unserer Ansprechpartner und viele weitere Details sind in der Projektbeschreibung verfügbar.