Digitale Partizipation: Benutzeroberfläche von CONSUL, ein Tool zur digitalen Bürgerbeteiligung

Digitale Partizipation in ländlichen Regionen am Beispiel »CONSUL«

Die digitale Transformation durchdringt immer mehr Lebensbereiche, und auch ländliche Regionen bleiben davon nicht unberührt. Gerade in diesen Regionen, die oftmals strukturelle Herausforderungen wie eine geringe Bevölkerungsdichte oder eingeschränkte Mobilitätsangebote aufweisen, bietet die Digitalisierung enorme Chancen. Beispielsweise in Hinblick auf die Sicherung der Daseinsvorsorge und der digitalen Partizipation. Eine von uns, dem Fraunhofer IESE, untersuchte Lösung in diesem Bereich ist die Einführung der digitalen Plattform »CONSUL«, einem Open-Source-Tool zur Bürgerbeteiligung. Dieses wurde im Rahmen des vom Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) geförderten Modellvorhabens »Smarte.Land.Regionen« (SLR) erfolgreich in mehreren Landkreisen implementiert.

Im Folgenden werden die Forschungsergebnisse aus der Publikation »Digitale Partizipation von Bürgerinnen und Bürgern am Beispiel von CONSUL« (Grether, et al., 2024) beleuchtet, welche im Rahmen von »Smarte.Land.Regionen« entstanden sind. Dabei wird auf die Implementierung von CONSUL, die Vorteile und Herausforderungen digitaler Bürgerbeteiligung sowie die Auswirkungen auf die Daseinsvorsorge in ländlichen Regionen eingegangen.

Digitale Partizipation

Durch digitale Partizipation erhalten Bürgerinnen und Bürger die Möglichkeit, sich unabhängig von Zeit und Ort an politischen und gesellschaftlichen Prozessen zu beteiligen. Diese Form der Teilhabe ist besonders in ländlichen Gebieten von großer Bedeutung, da hier häufig größere Distanzen und eingeschränkte Mobilität eine aktive Teilnahme an traditionellen, analogen Beteiligungsformaten erschwert. Digitale Partizipationsplattformen wie CONSUL bieten eine Lösung, um physische und zeitliche Hürden zu überwinden. Über solche Plattformen kann die Bürgerschaft Ideen einbringen, an Diskussionen teilnehmen und Feedback zu lokalen Projekten geben. Dies fördert nicht nur die Transparenz und das Vertrauen in die Politik, sondern stärkt auch das Demokratieverständnis und ermöglicht es der Bevölkerung, ihre Bedarfe und Interessen einzubringen.

CONSUL: Ein Praxisbeispiel für digitale Bürgerbeteiligung

CONSUL ist eine Open-Source-Plattform, die ursprünglich in Madrid entwickelt wurde und weltweit in verschiedenen Ländern Anwendung findet. Im Rahmen des Modellvorhabens »Smarte.Land.Regionen« wurde das Tool den im Vorhaben geförderten Landkreisen zur Verfügung gestellt. Die Unterstützung von Bürgerbeteiligung durch CONSUL als Beteiligungsplattform stellt einen wichtigen Baustein in »Smarte.Land.Regionen« (SLR) dar, um einen kontinuierlichen digitalen Partizipationsweg zu ermöglichen und einen Diskussionsplatz für Handlungsbedarfe, Ideen und Meinungen bereitzustellen. Dadurch soll erforscht werden, ob digitale Partizipationswege einen Beitrag zur Verbesserung der Daseinsvorsorge leisten können.

Die Hauptziele der Implementierung von CONSUL in den Landkreisen

  • Die digitale Partizipation der Bürgerschaft zu fördern,
  • die Verwaltung bei der Erfassung von Bürgermeinungen und -bedürfnissen zu unterstützen, und
  • einen kontinuierlichen Dialog zwischen Verwaltung und Bürgerschaft zu etablieren.

Methodisches Vorgehen der Untersuchung

Um vertiefende Einblicke in die digitalen Beteiligungsprozesse zu erhalten, wurden mit den CONSUL-verantwortlichen Personen auf Verwaltungsseite der SLR-Landkreise gesprochen. Dabei wurden qualitative, leitfadenbasierte Interviews geführt, um die konkreten Erfahrungen aus Sicht dieser relevanten Akteure abzufragen. In jedem Landkreis gab es mindestens eine interviewte Person aus dem verwaltungsinternen SLR-Team. Dieses Team war für die Beteiligung mit CONSUL zuständig. Es wurden alle SLR-Landkreise, die sich für die Nutzung von CONSUL entschieden hatten, für ein Interview angefragt. Aus allen sieben Landkreise standen je 1-3 Personen für ein Interview zur Verfügung, welches jeweils 40 bis 80 Minuten dauerte. Die Interviews wurden per Videochat durchgeführt und transkribiert.

Erfolgsfaktoren digitaler Partizipation

Im Rahmen der Interviews konnten wichtige Erkenntnisse gewonnen werden, wie digitale Partizipation erfolgreich gestaltet werden kann:

  1. Schulung und Begleitung: Eine gezielte Schulung der Verantwortlichen in den Verwaltungen ist essenziell, um die Nutzung von digitalen Tools wie CONSUL zu erleichtern. Im Rahmen des Modellvorhabens wurde den Landkreisen daher ein umfangreiches Schulungsangebot inklusive Handbücher und Online-Support zur Verfügung gestellt.
  2. Integration analoger und digitaler Formate: Ein weiterer Schlüssel zum Erfolg liegt in der Kombination von digitalen und analogen Beteiligungsformaten. So konnten die SLR-Landkreise Ergebnisse aus analogen Workshops und Veranstaltungen in die digitale Plattform übertragen. Dies ermöglichte der Bürgerschaft auch nach den Veranstaltungen ihre Meinungen und Ideen einzubringen.
  3. Niederschwellige Teilnahme: Um möglichst viele Menschen zur Teilnahme zu motivieren, müssen die Hürden zur Nutzung der Plattform so niedrig wie möglich gehalten werden. Dies betrifft insbesondere den Anmeldeprozess und die einfache Bedienbarkeit der Plattform.
  4. Transparente Kommunikation: Die Verwaltungen müssen klar kommunizieren, wie die Ergebnisse der digitalen Partizipation in ihre Entscheidungsprozesse einfließen und welche konkreten Auswirkungen dies auf die Region hat, bspw. auch in der Daseinsvorsorge (Erwartungsmanagement). Dies schafft Vertrauen und motiviert die Bürgerinnen und Bürger, sich auch in Zukunft aktiv zu beteiligen.

Herausforderungen der digitalen Partizipation

Obwohl digitale Partizipation viele Chancen bietet, stellt die Einführung einer Beteiligungsplattform wie CONSUL die Beteiligten auch vor Herausforderungen:

  1. Komplexität des Tools: Die Bedienbarkeit von CONSUL für die Verwaltungsmitarbeitenden der geförderten SLR-Landkreise stellte eine Herausforderung dar. Besonders die Einrichtung von Umfragen und die Auswertung von Ergebnissen erwiesen sich als zeitaufwändig und kompliziert. Zudem konnte CONSUL in seiner aktuellen Form nicht alle funktionalen Anforderungen der Nutzenden erfüllen, wie zum Beispiel die Kombination von offenen und geschlossenen Fragen in Umfragen.
  2. Kulturelle Herausforderungen: Neben den technischen Aspekten zeigte sich, dass auch die Bereitschaft der Bürgerschaft zur Teilnahme eine entscheidende Rolle spielt. Viele Menschen stehen digitalen Beteiligungsformaten skeptisch gegenüber. Manche fühlten sich durch den zur Teilnahme an der Plattform erforderlichen Anmeldeprozess abgeschreckt.
  3. Ressourcenknappheit in der Verwaltung: Um digitale Beteiligungsprozesse erfolgreich umzusetzen, müssen Verwaltungen sowohl technisch als auch organisatorisch gut aufgestellt sein. Dieser Aspekt stand jedoch dem Mangel an personellen und finanziellen Ressourcen in den beteiligten Landkreisen gegenüber. In vielen Fällen fehlte es an Unterstützung, weshalb externe Dienstleister für die Betreuung der Plattform herangezogen wurden.

Fazit und Ausblick

Digitale Partizipation ist ein unverzichtbarer Bestandteil der modernen Daseinsvorsorge, insbesondere in ländlichen Regionen. Sie ermöglicht es der Bürgerschaft, sich unabhängig von Ort und Zeit an politischen und gesellschaftlichen Prozessen zu beteiligen und aktiv die Zukunft ihrer Region mitzugestalten. Die Einführung von CONSUL im Rahmen des Modellvorhabens »Smarte.Land.Regionen« hat gezeigt, dass digitale Bürgerbeteiligung enorme Chancen bietet, aber auch mit Herausforderungen verbunden ist. Um digitale Partizipationsprozesse langfristig erfolgreich zu gestalten, müssen einige Voraussetzungen erfüllt werden. Dazu zählen eine gut ausgebaute digitale Infrastruktur, die Bereitstellung von Schulungen und Ressourcen für die Verantwortlichen sowie eine transparente Kommunikation mit der Bürgerschaft. Wenn diese Faktoren berücksichtigt werden, kann die digitale Partizipation einen wertvollen Beitrag zur Entwicklung der Region sowie zur Sicherung und Verbesserung der (digitalen) Daseinsvorsorge leisten.

Zukünftig sollten weitere Forschungsprojekte und Pilotvorhaben durchgeführt werden, um die Erfahrungen aus dem Einsatz von Beteiligungstools wie CONSUL zu vertiefen und die Erkenntnisse in die Entwicklung neuer, noch benutzerfreundlicherer Partizipationslösungen einfließen zu lassen.