Klimaneutrales Stadtquartier Kaiserslautern, grafische Karte vom Projekt EnStadtPfaff, Pfaffgelände

EnStadt:Pfaff: Unser Beitrag zu einem klimaneutralen Stadtquartier in Kaiserslautern

Im vierten Quartal 2017, vor nunmehr also gut sieben Jahren, sind wir mit dem Pfaff-Projekt gestartet. Zusammen mit damals insgesamt neun Partnern hatte das Projekt das Ziel, ein klimaneutrales Stadtquartier zu entwickeln. Vom Fraunhofer IESE, welches in Kaiserslautern angesiedelt ist, ist das Pfaffgelände in 5 Minuten fußläufig zu erreichen, und so waren wir von Anfang an aufgeregt und zugleich begeistert, direkt vor Ort forschen zu können. In diesem Blogbeitrag reflektieren wir noch einmal einige Erfahrungen, die wir während der Projektlaufzeit gemacht haben, fassen Kernergebnisse zusammen, verweisen auf verschiedene Ergebnisse und skizzieren, wie es weitergehen wird.

Das Projektsetting.

Forschungsprojekte sind Teil unserer DNA bei Fraunhofer. Insbesondere geht es uns darum, anwendungsnah zu forschen, konkrete Lösungen zu entwickeln und Erkenntnisse zu gewinnen, die einen praktischen Mehrwert liefern. Es liegt allerdings ebenso in der Natur von Forschungsprojekten, dass viele Dinge vorab nicht planbar sind und deswegen auch ein Risiko besteht, gewisse Ziele zu erreichen. Das gilt umso mehr, je länger ein Forschungsprojekt dauert. Das Pfaff-Projekt war von Anfang an eher langfristig angelegt und hatte eine originäre Laufzeit von fünf Jahren, sollte also im Jahr 2022 enden. Dass es mehrere kostenneutrale Verlängerungen bis nun Ende 2024 gab, lag unter anderem an Verzögerungen während der Coronazeit, an komplexen Prozessen für Ausschreibungen oder auch am Baufortschritt auf dem Pfaffgelände. Mit diesen Unwägbarkeiten mussten auch wir als Fraunhofer IESE umgehen.

Worum ging’s?

Der Fokus von uns war im Projekt stets, Lösungen zu entwickeln, die mit der Digitalisierung zu tun haben. Dabei ging es um Themen wie Energie, Mobilität, Gebäude oder auch Wertschöpfung. Originär war angedacht, dass wir eine Quartiersplattform etablieren mit unterschiedlichen digitalen Diensten für Personen, die sich im Quartier aufhalten. Nach den ersten zwei Projektjahren haben wir erste Erkenntnisse in einem IKT-Bericht zusammengefasst, haben erläutert, wie wir uns die Quartiersplattform als technischen Unterbau vorstellen und welche potenziellen Dienste wir als Mehrwert in einem solchen Stadtquartier sehen würden. Wesentliche Herausforderung zu der Zeit, aber auch in den folgenden Jahren war insbesondere, dass nur wenige „echte Stakeholder“ da waren, sprich: Im Quartier lebte und arbeitete noch niemand. Trotzdem mussten wir Wege finden, Anforderungen und Bedürfnisse zu erheben, um Lösungen entwickeln zu können. Eine Quelle dabei waren unsere Hackathons, fünf an der Zahl, die wir im Laufe der Jahre durchgeführt haben (siehe Berichte z.B. aus 2019, 2021 und 2022). Diese haben sich von der Erarbeitung eher konzeptioneller Ideen hin zu konkreten technischen Lösungen entwickelt und eine Vielzahl von denkbaren prototypischen Lösungen hervorgebracht. Weiterhin haben wir in den genannten Themenbereichen selbst Lösungen entwickelt und auch mit Personen vor Ort erprobt, wenngleich hier natürlich bisher nur sehr begrenzt Personen auf dem Gelände eingespannt werden konnten.

Ein konkretes Beispiel: MiniLautern.

Interessant ist auch hier, dass sich frühe Projektideen an die Umstände angepasst und teilweise zu anderen Lösungen geführt haben. Hier sei exemplarisch das Beispiel von MiniLautern genannt. Ursprünglich sollte eine Lösung im Bereich „shared mobility“ entwickelt werden. Naheliegend war zum damaligen Zeitpunkt eine App zu entwickeln, die sich mit multimodaler Mobilität auseinandersetzt und hier Nutzern ermöglicht, mittels verschiedener Verkehrsmittel eine Route zu planen. Allerdings kamen zu der Zeit verschiedene kommerzielle Apps auf den Markt, die eben genau dafür eine Lösung bereitstellten. Zudem war es herausfordernd, eine Lösung zu entwickeln, die sich primär auf das Pfaffgelände bezieht. Es gab allerdings zwei andere Punkte, die uns in vielen Diskussionen und Recherchen aufgefallen waren. Erstens kamen immer mehr neuartige Mobilitätsmaßnahmen auf (wie z.B. E-Roller), von denen aber eine Vielzahl der Bürger nichts mitbekommen hatte oder die Vorteile nicht kannten. Zweitens haben wir festgestellt, dass es bezüglich Mobilitätsmaßnahmen natürlich unterschiedliche Sichten gibt und nicht alle Maßnahmen immer nur Vorteile mit sich bringen. Um hier Bürger besser mitzunehmen, war es uns wichtig, diese verschiedenen Standpunkte zu berücksichtigen und potenzielle Quartiersbewohner auch von Anfang an mitzunehmen. Ein einfaches Beispiel hier ist, dass das autofreie bzw. autoarme Quartier diskutiert wurde. Nun ist das grundsätzlich erst einmal ein hehres Ziel, erhöht u.a. die Luftqualität, senkt den Lärm, sorgt für weniger Schadstoffe und weniger Autos, die an den Straßen stehen. Auf der anderen Seite gilt es aber auch zu bedenken, dass niemand seine schweren Einkäufe von außerhalb des Quartiers zu seiner Wohnung tragen möchte. Solche Konflikte müssen zunächst einmal klargemacht werden, um zu guten Lösungen kommen zu können. Und deswegen haben wir uns entschieden, MiniLautern zu entwickeln, ein Spiel, in dem verschiedene Mobilitätsmaßnahmen spielerisch ausgewählt werden können, Informationen bereitgestellt werden, und Feedback von virtuellen Pfaff-Bewohnern dargestellt wird, um so verschiedene Standpunkte zu beleuchten.

Ergebnisse kommunizieren.

Im Projektverlauf war es uns wichtig, Ergebnisse nach außen zu tragen. Neben der offiziellen Projektwebseite, die zum Projektende auch noch mal deutlich überarbeitet wurde, haben wir einige unserer Kernergebnisse auf unserer Pfafflandkarte zum Erkunden bereitgestellt.

Unsere Lösungen für ein klimaneutrales Stadtquartier im Überblick (Auszug):

  • MiniLautern, ein Spiel zur Simulation der Dynamik moderner Mobilität in einem Stadtquartier
  • Fish ´n Tipps, eine App, bei der ein Avatar in Form eines Fisches hilfreiche Tipps beim Energiesparen gibt
  • PfaffFunk, eine Kommunikationsapp, die das Miteinander im Pfaffquartier unterstützt
  • Quartierssimulator, ein Werkzeug, mit dem sich verschiedene, digitale Dienste simulieren lassen und sich somit ein frühzeitiges Feedback einholen lässt.

Neben der Landkarte gibt es auch noch eine Neuauflage des IKT-Berichts. Während der erste Bericht frühe Projektergebnisse skizzierte, die vor allem konzeptioneller Natur waren, hat die neue Version den Charakter eines Abschlussberichts. Allerdings war uns hier wichtig, den Bericht leichtgewichtig zu verfassen und eine gut verständliche und visuell ansprechende Beschreibung unserer Resultate zu geben.

Neben dem Bericht haben wir auch ein Abschlussvideo erstellt. Schon während der Projektlaufzeit haben wir uns viel mit dem Thema Wissenskommunikation auseinandergesetzt. Im Projekt war von Anfang an eine sogenannte Quartierswerkstatt geplant. Die Idee dahinter ist, einen Ort auf dem Pfaffgelände zu schaffen an dem Planer, Projektpartner und Bürger zusammenarbeiten oder Wissen austauschen können. Während es lange gedauert hat, bis ein Ort dafür gefunden und die Werkstatt eingerichtet war, erweiterten wir auf dem Weg dorthin das Konzept erweiter. Neben dem physischen Ort bauten wir eine virtuelle Präsenz auf: Ein YouTube Kanal, auf dem wir verschiedene Videos zur Verfügung stellten. Die Erfahrungen mit Videoequipment haben uns zudem auch während der Corona-Pandemie geholfen, u.a. um die Hackathon-Serie Pfaff Hack am Leben zu halten und das Event temporär auch als Online-Event durchzuführen. Das Video zum Abschluss zeigt alle wesentlichen IESE-Beiträge und fasst unsere Erfahrungen zusammen.

Zuletzt sei an der Stelle auch auf die vielen wissenschaftlichen Publikationen verwiesen, welche im Laufe der Jahre entstanden sind und die für uns als Forscher ebenfalls wichtig sind, um Erfahrungen auszutauschen und Feedback zu bekommen. Wer hier mehr erfahren möchte, kann als Einstieg in eine frei verfügbare Publikation schauen.

Wie geht es weiter?

Das Ende eines Projekts zu erreichen, ist einerseits immer schade, kann andererseits aber auch zu neuen Dingen führen. Wir waren seit vielen Jahren im Konsortium gemeinsam unterwegs, haben Höhen und Tiefen durchgestanden, wichtige Erkenntnisse gewonnen und tragfähige Ergebnisse geschaffen. Es ist gut, wenn eine Phase abgeschlossen ist und etwas Neues startet, sodass Energie für weitere Schritte frei wird.

Wir sind deshalb auch froh, dass das Thema Pfaffquartier noch nicht zu Ende ist. Nachdem EnStadt:Pfaff nun zu Ende geht, wird es mit EnStadtPfaff 2 (dieses Mal ohne den „:“) weitergehen. Der Fokus ist allerdings weniger forschungslastig, sondern konzentriert sich auf die Evaluierung der bisher entwickelten Lösungen sowie die Forcierung der Öffentlichkeitsarbeit. Dazu wollen wir auch die Quartierswerkstatt verstärkt nutzen, die im alten Verwaltungsgebäude angesiedelt ist und bei der wir bereits verschiedene Veranstaltungen durchgeführt haben. Wir freuen uns, wenn wir Sie hier einmal begrüßen dürfen. Stöbern Sie bis dahin durch die hier im Blog-Artikel genannten Informationsquellen oder melden Sie sich gerne direkt bei uns, wenn Sie mir wissen möchten.