Überall liest man vom Einsatz von KI-Systemen, die bald in allen Lebensbereichen eingesetzt werden und unseren Alltag noch weiter automatisieren und damit erleichtern werden. Natürlich hält die digitale Transformation auch in der Landwirtschaft Einzug. Es besteht Potenzial, mittels Künstlicher Intelligenz (KI) die Produktion von Nahrungsmitteln effizienter, ressourcenschonender und nachhaltiger zu gestalten.
Wir haben unser vor einem halben Jahr gestartetes Fraunhofer-Leitprojekt bewusst »Cognitive Agriculture« (COGNAC) genannt. Es hat zum Ziel, innovative Lösungen zu konzipieren, die basierend auf Daten und Informationen die landwirtschaftliche Produktion verbessern und die digitale Transformation in der Landwirtschaft unterstützen. Natürlich auch unter Einbeziehung aktueller Technologien aus dem Bereich des maschinellen Lernens, die in der letzten Zeit oft als Wunderlösung für alle Probleme oder alternativ als Schreckensbild der Automatisierung und Rationalisierung in der Presse dargestellt werden.
Wunderwaffe KI?
Heißt das jetzt, dass zukünftig KI-Systeme die landwirtschaftlichen Prozesse steuern werden? Dass jeder, der ein Stück Land besitzt, dies mit einer App optimal bewirtschaften (lassen) kann?
Nein! Ein kognitives System ist in unserem Verständnis zunächst einmal ein System, das sich aus Sicht eines Menschen in einer Situation intelligent verhält, d.h. zum Beispiel sein Verhalten kontextbezogen anpasst.
Dies kann, muss aber nicht neuronale Netze oder maschinelle Lernverfahren als Technologie beinhalten. Es kann auch einfach bedeuten, dass mehrere Datenquellen herangezogen und kombiniert werden, um das Auslösen einer Aktion sicherer, nachhaltiger und transparenter zu machen – oder einfach, dass ein oder mehrere Kontextfaktoren mit einbezogen werden. Im einfachen Fall wäre das also ein Entscheidungsbaum im Sinne von »wenn dies so und so ist, dann tue das«. Klassische statistische Verfahren führen hier ebenfalls oft zum Ziel.
Insofern liegt der Schlüssel für die digitale Transformation in der Landwirtschaft in der Verfügbarkeit maschinenlesbarer Daten und Informationen. Für diese müssen Genauigkeit und Vollständigkeit beschrieben sein, und es muss ein Verständnis der Zusammenhänge vorliegen. Erst darauf aufbauend können kognitive Systeme entwickelt werden. Also Systeme, die eine für den Menschen hilfreiche und natürliche Schnittstelle bieten, um die tägliche Arbeit zu unterstützen.
Was kann KI?
Richtig ist, dass maschinelle Lernverfahren eine große Hilfe darstellen, wenn sehr viele Eingangsdaten im Hinblick auf Muster analysiert werden sollen – sofern man sich sicher ist, dass es Muster gibt(!), die für eine Entscheidung relevant sind(!), wie z.B. das visuelle Muster von Mutterkorn an einer Ähre oder das Wachstum hunderter einzelner Pflanzen. Gerade bei den umfangreichen Daten, die in der Landwirtschaft anfallen, lassen sich maschinelle Lernverfahren gut einsetzen. Deren Anwendbarkeit hat allerdings auch noch viele Grenzen: Es kann nicht garantiert werden, dass jedes Muster erkannt wird, sodass der Einsatz in kritischen Umgebungen kaum möglich ist. Bereits die Entscheidung über eine falsche Düngemittelgabe kann hier kritisch sein – für den Ertrag oder auch die Umwelt.
Folglich beschäftigen wir uns in unserem Leitprojekt derzeit noch mit den grundlegenden Bausteinen: Wie erreiche ich die erforderliche Datengüte? Wie können betriebsspezifische Daten sicher und unter Wahrung des Datenschutzes geteilt und verwertet werden? Welche Daten liefern eine gute Entscheidungsgrundlage für den Landwirt? Welche Entscheidungsunterstützung liefert dem Landwirt den größten Nutzen? Wie können Dienstleister diese Unterstützung z.B. über eine offene digitale Plattform liefern?
Wo wird die Reise also hingehen?
Die landwirtschaftlichen Prozesse und die Betriebsführung sind heutzutage sehr komplex geworden und eine Vielzahl von Aspekten muss beachtet werden. Hier werden softwarebasierte Lösungen und automatisierte Landmaschinen wertvolle Unterstützung liefern, um Entscheidungen basierend auf Fakten (= erhobene Daten) zu treffen und Prozesse effizient durchzuführen. Das heißt, die IT-basierte Unterstützung für teilflächenspezifische Bewirtschaftung und die Automatisierung werden weiter vorangetrieben. Allerdings – und das wird das disruptive Element sein – müssen Daten und Dienste über offene digitale Plattformen laufen, damit Landwirte und mittelständische Dienstleister ihre Geschäftspartner flexibel und gemäß ihren eigenen Zielen und Vorstellungen auswählen können.
Damit diese Vision realisiert werden kann, muss jedoch noch viel im Bereich der Interoperabilität von Daten und Diensten getan werden. Aber auch das Verständnis über die Zusammenhänge muss entsprechend »formalisiert« und in Modelle strukturiert werden, damit eine kognitive Bearbeitung durch IT-Systeme erfolgen kann.
Mit unserem Leitprojekt COGNAC werden wir hierzu einige Bausteine liefern. Wir freuen uns diesbezüglich auf den Austausch mit Anwendern und Anbietern in den nächsten Jahren!
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