Fraunhofer IESE - Crowd-based Requirements Engineering

Mit Nutzern zum Erfolg: Niederländisch-deutsche Forschungskooperation erforscht Crowd-based Requirements Engineering in der Softwareentwicklung

Kann eine Menge von Nutzern durch ihr Feedback zur Entwicklung und Verbesserung von Software beitragen? Das ist die zentrale Frage im Rahmen einer Kooperation zwischen dem Fachbereich Informations- und Informatikwissenschaften der Universität Utrecht in den Niederlanden und dem Fraunhofer-Institut für Experimentelles Software Engineering IESE in Deutschland. Das Projekt ist hochgradig interdisziplinär, denn es verbindet Techniken aus der Informatik wie die Verarbeitung natürlicher Sprache mit Theorien aus den Sozialwissenschaften und aus der Psychologie.

Fraunhofer IESE - Grafik "Wie funktioniert Crowd-based-Requirements-Engineering?"
„Wie funktioniert Crowd-based Requirements Engineering?“

Crowd-based Requirements Engineering

Beim Crowd-based Requirements Engineering, kurz CrowdRE, handelt es sich um eine neuartige, bedeutende Forschungsrichtung, in der untersucht wird, wie die Menge der Nutzer mit ihrem Feedback zu Produktverbesserungen und neuen Anforderungen beitragen kann und die Weiterentwicklung eines Softwaresystems im Laufe der Zeit beeinflussen kann. Die Vision von CrowdRE (siehe Abbildung) wurde in einer Ausgabe von IEEE Software vorgestellt. Dieser Artikel stellt einen Meilenstein in der Zusammenarbeit dar und ist die erste gemeinsame Arbeit der Requirements-Engineering-Forschungsteams des Fraunhofer IESE und der Universität Utrecht.

Von der Kooperation zur Doktorandenforschung

Auf der Grundlage dieser gemeinsamen Arbeiten haben Wissenschaftler aus Utrecht (Prof. dr. Sjaak Brinkkemper und Dr. Fabiano Dalpiaz) und Wissenschaftler des Fraunhofer IESE (Dr. Jörg Dörr und Eduard C. Groen) vor Kurzem ein Doktorandenprojekt ins Leben gerufen, in dem Eddy Groen der Doktorand ist. Einige der nennenswertesten Herausforderungen für die Forschung in diesem Projekt sind:

  • Wie erfasst man qualitativ hochwertige Anforderungen aus einer Menge von (unerfahrenen) Nutzern?
  • Wie geht man mit der Menge an Feedback um?
  • Wie unterstützt man verschiedene Meinungen und berücksichtigt nicht nur die am häufigsten gewünschten Features, sondern auch Minderheitsmeinungen?
  • Wie geht man den schwierigen Kompromiss zwischen der Arbeit menschlicher Analysten (teuer) und der Arbeit von Algorithmen (von Natur aus ungenau) an?

Komplementäres Fachwissen

Die Forschungsteams der beiden Institutionen bündeln ihre Kräfte, um ihr Fachwissen gegenseitig zu stärken. Das Fraunhofer IESE wird einen Nutzen aus der Zusammenarbeit mit dem Requirements Engineering Lab der Universität Utrecht ziehen, dessen Mitarbeiter sich auf den Einsatz von Techniken der Künstlichen Intelligenz zur Unterstützung von Requirements-Engineering-Aktivitäten fokussieren. Die Universität Utrecht wird von der Möglichkeit profitieren, Zugriff zur Durchführung von empirischen Untersuchungen mit bestimmten Arten von Unternehmen zu erlangen, die in den Niederlanden Mangelware sind, wie z.B. Unternehmen aus der Automobilbranche.

Dieses Projekt ist ein frühes Beispiel eines potenziellen neuen Modells für die Durchführung innovativer Forschungen. Hierbei liegt der Fokus auf der Verknüpfung des Fachwissens verschiedener Institutionen auf Basis der jeweiligen Fähigkeiten und Talente statt auf Projekten, die sich in der Komfortzone der Wissenschaftler befinden. Diese multinationale Kooperation ist nicht von geografischer Nähe abhängig, sondern wird überwiegend durch die moderne Form der Fernarbeit bestimmt.

Requirements Engineering Lab an der Universität Utrecht

Ziel der Forschungsarbeiten am Requirements Engineering Lab (RE-Lab) an der Universität Utrecht ist es, Menschen dabei zu helfen, Anforderungen besser zu formulieren, um letztendlich bessere Software zu liefern. Die Wissenschaftler des RE-Lab verbinden innovative Techniken aus verschiedenen Disziplinen (Künstliche Intelligenz, Computerlinguistik, Sozialwissenschaften etc.) und verwenden sie zur Lösung echter Probleme in der Softwareindustrie.

Fraunhofer IESE

Das Fraunhofer-Institut für Experimentelles Software Engineering IESE in Kaiserslautern ist seit mehr als 20 Jahren eine der weltweit führenden Forschungseinrichtungen auf dem Gebiet der Software- und Systementwicklungsmethoden. Das Fraunhofer IESE ist eines von 72 Instituten und Einrichtungen der Fraunhofer-Gesellschaft. Zusammen gestalten sie die angewandte Forschung in Europa wesentlich mit und tragen zur internationalen Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands bei.

Der Begriff  »Crowd-based Requirements Engineering« (Kurzform: »CrowdRE«) wurde vom Fraunhofer IESE eingeführt und zum ersten Mal im Paper »Towards Crowd-based Requirements Engineering« auf der REFSQ 2015 verwendet. Inzwischen hat sich der Begriff allgemein durchgesetzt und wird ebenfalls von anderen Wissenschaftlern verwendet. Im Rahmen der jährlichen IEEE International Requirements Engineering Conference ist das Fraunhofer IESE von Beginn an Mitveranstalter des »International Workshop on CrowdRE«.

 

Weiterführende Informationen:

Download: Whitepaper CrowdRE

Whitepaper CrowdRE (PDF)

Video: Wegweisende Keynote zu CrowdRE

Auf dem internationalen Workshop zum Crowd-based Requirements Engineering 2019 hat Prof. Dr. Martin Glinz CrowdRE in ein völlig anderes Licht gerückt.