Am 18. Juni 2019 fand der 2. test!t Fachtag in der schleswig-holsteinischen Landeshauptstadt Kiel statt. Eduard C. Groen vom Fraunhofer IESE war als Referent und Workshopleiter zu den Themen Digitale Transformation und Requirements Engineering eingeladen und berichtet zum Tag.
Der test!t Fachtag wurde vom Engineering-Dienstleister Scope Engineering GmbH als Austauschplattform für seine Kunden und interessierte Akteure ins Leben gerufen. Hiermit wurde ein langjähriger Wunsch erfüllt: ein Fachtag für Praktiker in Norddeutschland und insbesondere in Schleswig-Holstein, damit diese nicht mehr von zufälligen Begegnungen auf Tagungen in Berlin, München oder anderswo abhängig sind, um sich untereinander zu vernetzen.
Zu den Anwesenden zählten u.a. Firmen aus dem Medizinbereich, wie z.B. ein Gerätehersteller aus Hamburg sowie eine Lübecker Software-Entwicklungsfirma. Darüber hinaus waren Dienstleister aus den Bereichen Komponententests, Telekommunikation und Fulfillment sowie Vertreter von Stadtwerken vertreten. Der Fachtag sollte diese Personen nicht nur vernetzen, sondern ihnen auch neue Anregungen mitgeben und das gegenseitige Verständnis zwischen Requirements Engineers und Testern vertiefen.
Am Vormittag stand das Requirements Engineering im Fokus. Die Eröffnungskeynote von Eduard C. Groen war als Impulsvortrag konzipiert und trug den Titel »Die Digitale Transformation trifft jeden und alles… auch Ihr Requirements Engineering«. Mit zahlreichen Beispielen aus den Erfahrungen des Fraunhofer IESE, mitunter aus traditionelleren Domänen wie der Automobilindustrie (Caruso, PRO-OPT) und dem Rechnungswesen, wurden die einzigartigen Chancen der Digitalen Transformation skizziert und Erfahrungen mit der Durchführung von Requirements Engineering in solchen Projekten beschrieben.
Im Workshop übten sich die Teilnehmer im Requirements Engineering und der Ableitung von Testfällen
Die Kompetenz der Teilnehmer zeigte sich sehr deutlich in der Zusammenarbeit bei der Umsetzung einer bewusst etwas verwirrenden Auflistung von Kundenwünschen für ein »Gefäß für Flüssigkeiten« in gute Anforderungen. Hierzu durften zum Glück auch Klärungsgespräche mit der Kundin geführt werden, um daraus Anforderungen für eine innovative Tasse abzuleiten. Bei dieser Anforderungsspezifikation wurden Schreibregeln bereits gut eingehalten, funktionale von nichtfunktionalen Anforderungen getrennt, und die Anforderungen möglichst lösungsfrei formuliert, was der Qualität zugutekam.
Nach einem schmackhaften Mittagessen stand das Testen im Zentrum. Die erarbeiteten Anforderungen sowie einige Personen wurden zwischen den beiden Gruppen ausgetauscht. Beide Gruppen kamen zu einem interessanten Schluss: Die Anforderungen wiesen häufig Unklarheiten auf, wenn man daraus Testfälle abzuleiten versuchte. Eine professionelle Zeichnerin erhielt die Aufgabe, basierend auf den Anforderungen eine visuelle Darstellung des Produkts zu erzeugen.
Überraschenderweise waren die Unklarheiten, die ihre Aufgabe erschwerten, oftmals genau die gleichen, die bei der Spezifikation von Testfällen für Probleme sorgten. Weil die Anforderungen darüber hinaus lösungsfrei geschrieben wurden, musste sie an mehreren Stellen eigenständig Entwurfsentscheidungen treffen.
Wichtigkeit der Kommunikation zwischen Kunde, Requirements Engineer, Tester und Umsetzer
Die Übung war überraschend simpel; die Umsetzung war für die erfahrenen Tester und Requirements Engineers jedoch keineswegs augenscheinlich. Gerade deswegen wurde offensichtlich: je mehr die Kundin, die Requirements Engineers, die Tester und die Ersteller von Prototypen zusammenarbeiten und kommunizieren, desto besser wird das Ergebnis. Diese Erfahrungen hat das Fraunhofer IESE auch bei der Erstellung innovativer Produkte und Dienstleistungen gemacht.
Am Ende des Tages folgten noch zwei weitere Keynotes zur Inspiration. Axel Giernas von Scope Engineering GmbH überzeugte die Teilnehmer mit seinem beispielhaften Durchlauf eines Projekts von der Notwendigkeit eines einheitlichen Testmanagements. Dadurch werden akute Fehler im Testing, wie Mangel an Vorbereitung, Testdaten, Testumgebungsmanagement, Testautomatisierung sowie notwendigem Know-how, erfolgreich vermieden. Zum Abschluss gab Georg Haupt von der oose Innovative Informatik eG praktische Tipps zur Bewältigung großer Mengen an Testfällen durch selbstorganisierte Teams, mit effizienten Methoden zur Aufgabenverteilung und Konsenzbildung.
Die Ziele des Fachtags wurden übertroffen und damit war der test!it eine wertvolle Veranstaltung für alle Teilnehmer. Trotz des bereits hohen Niveaus der Informatik in Schleswig-Holstein bieten die präsentierten Anregungen für Qualitätsverbesserungen und die vorgeschlagenen Schritte zur Digitalen Transformation sicherlich Impulse für weitere Innovationen.
Nachsatz: Ein Interview mit Gerald Swarat vom Fraunhofer IESE zum Thema Digitalisierung ist auf der Website von KielRegion zu finden.