Im Projekt »Infra-Bau 4.0« entwickeln unsere Forscher*innen am Fraunhofer IESE in Kooperation mit zahlreichen Partnern aus Wissenschaft und Wirtschaft eine übergreifende digitale Plattform zum erleichterten Management von Bauprojekten. Wie sich dabei spezifische Tools an die im Aufbau befindliche digitale Plattform anbinden lassen und welche Herausforderungen es dabei zu meistern gilt, schildern wir in diesem Blog-Beitrag.
Was ist »Infra Bau 4.0«?
»Ziel des Forschungsprojekts Infra-Bau 4.0 ist die Entwicklung einer offenen und intelligenten Plattform. Auf dieser Plattform können sich alle teilnehmenden Partner verbinden, die an einem Bauvorhaben beteiligt sind. Ihre unterschiedlichen Ressourcen und Prozesse werden in einem einzigen digitalen Ökosystem miteinander verbunden. Dies ermöglicht eine effektive und effiziente Planung und Umplanung des Baus – auch bei komplexen Projekten in einem von Natur aus volatilen Kontext.«[i]
Für weitere Infos laden wir Sie ein, einen Blick in folgenden Blog-Beitrag zum Projekt Infra Bau 4.0 zu werfen:
Anbindung spezifischer Tools an eine digitale Plattform – ein (nicht ganz einfaches) Zusammenspiel
Damit unternehmensübergreifend Daten zwischen Baubeteiligten ausgetauscht werden können, können sich Softwarehersteller direkt oder mittels eines Plugins an die jeweilige Plattform anbinden. Da es unterschiedliche Arten von Daten (z.B. 3D-Modelle oder Terminpläne) gibt, muss für jedes Tool die jeweilige Dateiart über die Plattform angegeben werden. So werden beispielsweise 3D-Modellierungstools ebenfalls nur Daten mit anderen 3D-Modellierungstools austauschen.
Weshalb der Datenaustausch über die digitale Plattform von Vorteil ist, zeigt ein kleines Beispiel aus dem realen Baualltag: Erbringt ein Bagger auf einer Baustelle unvorhergesehen weniger Leistung, so kann diese Information via digitaler Plattform in Echtzeit über die Plattform an die zuständigen Prozessbeteiligten übermittelt werden. Auch Planungsänderungen können auf diesem Weg ohne Zeitverzug und Medienbruch, ggf. bis in die Baumaschinen hinein, übermittelt werden. Das verhindert einen Planungsstau und ermöglicht einen durchgängig sinnvollen Ressourceneinsatz.
Digitale Plattformen und Tool-Anbindungen: Tipps und Tricks im Umgang mit Herausforderungen
Doch bei der Tool-Anbindung gibt es auch Herausforderungen zu meistern. Die größte Herausforderung bei der Tool-Anbindung entsteht vor allem aufgrund der Heterogenität verschiedener Tools, welche oftmals von unterschiedlichen Softwareherstellern stammen. Daraus resultiert auch eine große Anzahl an unterschiedlichen Dateiformaten, welche über die Plattform ausgetauscht und von den anderen Tools, aber auch von der Plattform selbst, verstanden werden müssen. Aus diesem Grund wird ein gemeinsames Dateiformat benötigt, welches einen Großteil der Tools verarbeiten kann. Wir haben uns im Projekt »Infra-Bau 4.0« daher für das Dateiformat IFC[ii] entschieden, da es bereits von vielen Tools in der Baubranche verarbeitet werden kann.
Über die verschiedenen Schnittstellen der Plattform können aber nicht nur Tools für 3D-Modelle, Terminpläne etc. Daten untereinander austauschen, sondern es gibt auch Live-Daten von Baumaschinen, die mithilfe von Sensoren Echtzeitdaten sammeln und über die Plattform bereitstellen sowie ebenfalls von anderen Partnern eingesehen werden können. So ist man in der Lage, beinahe in Echtzeit auf bestimmte Vorkommnisse zu reagieren, da sich die an einem Bauvorhaben involvierten Partner direkt über die Plattform informieren lassen.
Autodesk Revit – ein Plugin zur Anbindung spezifischer Tools an eine digitale Plattform
Um die Anbindung eines Tools an die erwähnte digitale Plattform exemplarisch zu demonstrieren, haben wir uns für das eigens entwickelte Plugin für Autodesk Revit[iii] entschieden.
Revit ist ein Modellierungstool von Autodesk für Architekten, Gebäudetechniker und Tragwerksplaner, basiert aber nicht auf AutoCAD, sondern arbeitet objektorientiert und unterstützt zusätzlich BIM[iv]. Außerdem konzentriert sich Revit auf die 2D- und 3D-Modellierung bauteilorientierter Gebäudemodelle und bietet darüber hinaus die Möglichkeit, mit dem Datenformat IFC zu arbeiten.
Das von uns entwickelte Plugin für Revit ist in der Programmiersprache C# geschrieben und erweitert Revit um einen eigenen Reiter »InfraBau«, der dem/der Benutzer*in alle benötigten Funktionalitäten zur Kommunikation mit der Plattform bereitstellt. Um mit der Plattform zu kommunizieren und Daten auszutauschen, machen wir Gebrauch von der HttpClient API. Achtung: Bietet ein Softwarehersteller in seinem Tool keine Möglichkeit, mithilfe einer API oder ähnlichem mit Web-Schnittstellen zu kommunizieren, ist es nicht möglich, sich an die Plattform anzubinden und mit anderen Tools Daten auszutauschen.
Die Grundfunktionalitäten, die jedes Plugin implementieren muss und die dem Benutzer zur Verfügung gestellt werden müssen, sind folgende: Login, Abonnieren und Im-/Export.
»Login« meldet einen Benutzer/eine Benutzerin an der Plattform an, damit er/sie mit dieser und über diese kommunizieren kann. Der Login ist eine Grundvoraussetzung, da alle von uns verwendeten Endpunkte der Plattform eine Authentifizierung vorsehen und anonym keine Daten abgefragt werden können.
»Abonnieren« bietet die Möglichkeit, sich auf Bauprojekte zu »subscriben«, um Updates zu einem Projekt zu erhalten und auszutauschen. Da es nicht vorgesehen ist, dass jede*r Benutzer*in jedes Projekt abonnieren kann, muss der/die jeweilige User*in dem Bauprojekt bereits im Vorfeld zugeordnet werden. Diese Zuordnung wird im Frontend der Plattform verwaltet.
Zu guter Letzt stellt auch der Datenexport einen wichtigen Aspekt der Funktionsweise einer digitalen Plattform dar. Da sich die Plattform an die hierarchische Struktur in Bauprojekten anlehnt, wird der Export in unserem Plugin nochmals untergliedert. Um Änderungen an einem 3D-Modell mit Nachunternehmern auszutauschen, wollen wir unsere Änderungen auch nur an diese senden. Dafür wählt man »Senden an Kind-Projekt«. So ist gewährleistet, dass auch wirklich nur die Nachunternehmer in dem Bauprojekt die Änderungen erhalten. Sollen Änderungen hingegen einem übergeordneten Baupartner zugänglich gemacht werden, wählt man »Senden an Eltern-Projekt«.
Nicht immer möchte man das gesamte 3D-Modell als Änderung versenden, auch in Hinblick auf die Dateigröße. Aus diesem Grund bieten wir den Nutzer*innen die Möglichkeit, nur bestimmte Teilmodelle eines Gesamtmodells zu selektieren und als Update zu versenden. Selektiert man hingegen keine Teilmodelle, wird immer das Gesamtmodell versandt.
Um auch selbst Updates zu einem Projekt importieren zu können, lässt sich die Funktion »Empfangen« auswählen. Die im IFC-Format vorliegenden Updates werden durch das vorgestellte Plugin semi-automatisch verarbeitet, d.h. der/die Benutzer*in muss die von der Plattform erhaltenen Updates manuell in sein/ihr Projekt importieren. Diesen Schritt hätten wir gerne auch vollkommen automatisiert. Allerdings bietet der Autoimport via Revit API nicht denselben Umfang in Bezug auf die IFC-Spezifikation wie es über die Oberfläche von Revit selbst möglich ist.
Insights und Learnings in Sachen »Tool-Integration bei digitalen Plattformen«
Die Hauptschwierigkeit bei der Anbindung eines Tools an die vorgestellte digitale Plattform liegt oftmals darin, dass eine gewisse Angewiesenheit auf die Implementierung der Software besteht. Im Falle eines Plugins für Revit ergab sich daraus die Herausforderung, dass die angebotene API nicht den gleichen Umfang wie die Oberfläche selbst anbot und uns dadurch nicht alle Funktionalitäten in der API zur Verfügung standen. Dadurch konnten wir für das Projekt »Infra-Bau 4.0« auch nur den semi-automatischen Ansatz zur Verarbeitung von Updates wählen. Natürlich ist es möglich, sich daran zu versuchen, die API selbst zu erweitern. Dafür sollte man das der Software zugrundeliegende Datenmodell allerdings vollumfänglich verstehen. Da dies jedoch mit einem recht hohen Aufwand verbunden ist, ist abzuwägen, ob sich das zeitlich rechnet oder ob man den Softwarehersteller für sein Projekt gewinnen kann, sodass dieser seine Software dahingehend anpasst.
Ein weiterer wichtiger Punkt beim Zusammenspiel verschiedener Tools über die Plattform sind die unterschiedlichen Dateiformate. Nicht jedes Tool kann von Grund auf IFC verarbeiten, und wenn es doch verarbeitet werden kann, ist ein reibungsloser Ablauf nicht unbedingt gewährleistet. Wir haben beim Entwickeln unseres Plugins für Revit die Erfahrung gemacht, dass Informationen beim Konvertieren des eigenen Datenmodells von Revit in IFC verloren gehen können. Nach dem Verarbeiten eines in IFC vorliegenden Updates kann es dann schon einmal vorkommen, dass bestimmte 3D-Objekte nicht mehr richtig erkannt und daher fehlerhaft dargestellt werden.
Trotz dieser Schwierigkeiten geht das reine Anbinden eines Tools an die digitale Plattform i. d. R. leicht von der Hand und bietet auf jeden Fall einen Mehrwert für alle an einem Bauvorhaben beteiligten Personen.
Sie wollen mehr zu unserer technischen Umsetzung im Projekt »Infra Bau 4.0« erfahren oder haben Fragen und/oder Anregungen?
Kontaktieren Sie hierzu gerne unseren Ansprechpartner Benjamin Hassenfratz.
Literatur:
[i] https://www.infra-bau.com
[ii] https://www.buildingsmart.org/standards/bsi-standards/industry-foundation-classes/
[iii] https://www.autodesk.de/products/revit/overview
[iv] https://www.autodesk.de/solutions/bim/benefits-of-bim