Handlungsempfehlungen zur Digitalisierung der Baubranche

Abschluss des Konsortialprojekts DiCoMa

Zum 30. April 2023 endete das Konsortialprojekt »DiCoMa« (Digital Construction Management). Ziel des Projekts war es, den Fortschritt der Digitalisierung in der Baubranche zu bewerten und voranzutreiben. Hierfür wurde zum einen eine Interviewstudie durchgeführt, um vertiefte Erkenntnisse über den Stand der Digitalisierung und der Vernetzung in der Baubranche allgemein und speziell im Sektor Infrastrukturmaßnahmen zu gewinnen. Zum anderen wurden die im Vorgängerprojekt »Infra-Bau 4.0« entwickelten Konzepte und Funktionalitäten mit potenziellen Anwendern evaluiert. Aus den Ergebnissen leitete das Forschungsteam Handlungsempfehlungen zur Digitalisierung von kleinen und mittleren Unternehmen der Baubranche ab.

Referenzprojekt: Infra-Bau 4.0, Fraunhofer IESE
© iStock.com/ipopha

Infrastrukturprojekte wie Straßen- und Brückenbau sind komplexe und teure Bauvorhaben. Häufig kommt es zudem zu Kostenüberschreitungen. Die Digitalisierung ist ein wichtiger Baustein zur Lösung dieses Problems. Im vorangegangen Forschungsprojekt Infra-Bau 4.0 wurde daher eine digitale Plattform entwickelt, die alle am Bau Beteiligten mit ihren Systemen, Daten und Prozessen digital abbildet und zu einem digitalen Ökosystem vernetzt. Im Folgeprojekt DiCoMa, das vom Bundesministerium für Digitales und Verkehr (BMDV) mit insgesamt 442.186,41 Euro gefördert wurde, testete das Projektkonsortium die entwickelten Lösungen in der Praxis. Das Projekt lief von August 2022 bis Ende April 2023.

Im ersten Teil des Projekts wurden die in Infra-Bau 4.0 entwickelten Funktionalitäten und Werkzeuge gemeinsam mit Akteuren der Bauwirtschaft an einer konkreten Baustelle (Kleinbaumaßnahme im Infrastrukturbereich der Stadt Kaiserslautern) auf ihre Praxistauglichkeit und Anwenderfreundlichkeit evaluiert. Die Baumaßnahme wurde bewusst klein gehalten, um innerhalb der kurzen Projektlaufzeit den kompletten Bauablauf der Maßnahme von der Arbeitsvorbereitung bis zum Projektabschluss simulieren und analysieren zu können. Mittels Interviews mit den Führungsebenen (Projektleiter, Bauleiter, Polier) auf Auftragnehmerseite und ausgewählten Projektbeteiligten auf Auftraggeberseite wurde das Ökosystem von Infra-Bau 4.0 in der Praxis getestet.

Im zweiten Teil des Projekts wurde eine Studie zur Gewinnung vertiefter Erkenntnisse über den Stand der Digitalisierung der Baubranche, speziell im Sektor Infrastrukturmaßnahmen, durchgeführt. Die übergeordnete Fragestellung lautete: Wie viel Digitalisierung ist bei den Bauunternehmen schon in der Praxis angekommen und wo drückt der digitale Schuh derzeit? In einer Reihe von 26 Interviews mit Vertretern der Baubranche wurden ihre Erfahrungen, Wünsche und Lösungsstrategien erfragt. Von der Digitalisierung selbst versprechen sich die Interviewteilnehmer primär ein effizienteres Bauen durch optimierte Prozesse, eine bessere Zusammenarbeit durch direktere Kommunikation sowie eine Steigerung der Attraktivität des Berufsbilds bzw. der Branche selbst. Technische Herausforderungen bestehen primär beim Datenaustausch und hinsichtlich der Datenqualität. Die meisten eingesetzten Softwarelösungen funktionieren, von einem teils hohen Einarbeitungsaufwand abgesehen, gut – scheitern aber spätestens bei der Zusammenarbeit mit anderen Softwarelösungen. Dennoch hakt die Digitalisierung meist nicht primär wegen unzureichender Technik, sondern aufgrund personeller (z. B. Personalmangel, fehlende Akzeptanz, mangelhafte Kompetenz), finanzieller (z. B. Anschaffungskosten, Freistellungen für Weiterbildungen) oder struktureller (z. B. Vergabeverfahren) Hindernisse.

Handlungsempfehlungen für Unternehmen der Baubranche zur nachhaltigen Implementierung der Digitalisierung bestehen in der Weiterbildung von Mitarbeitern im Bereich der digitalen Kompetenzen, in der Schaffung von Standards für die Datenübertragung oder die Zusammenarbeit mit anderen Unternehmen und in der verstärkten Kooperation mit Forschungseinrichtungen zum Austausch von Know-how und Erfahrungen. Aber auch Politik und Verwaltung können einen wichtigen Beitrag zur Digitalisierung des Bauwesens leisten. Handlungsansätze liegen hier in der Förderung von Digitalisierungsprojekten und Kooperationen, in der Schaffung klarer rechtlicher Rahmenbedingungen, in der Ergreifung von Maßnahmen zur Stärkung digitaler Kompetenzen sowie in der Schaffung von Anreizen (bspw. durch steuerliche Vorteile) zur Digitalisierung.

Die Studie kann hier kostenfrei heruntergeladen werden.

 

Über das DiCoMa-Konsortium

Das Konsortium von DiCoMa umfasst Partner aus der Wissenschafts- und Innovationsregion Kaiserslautern. Die Konsortialführung und baubetriebliche Expertise liegt beim Fachgebiet Baubetrieb und Bauwirtschaft der Rheinland-Pfälzischen Technischen Universität Kaiserslautern-Landau (RPTU), vertreten durch Univ.-Prof. Dr.-Ing. Karsten Körkemeyer. Das Fraunhofer-Institut für Experimentelles Software Engineering IESE, das Fraunhofer-Institut für Techno- und Wirtschaftsmathematik ITWM und der Lehrstuhl Robotersysteme der RPTU bringen ihre IT-Expertise ins Konsortium ein. Weiterer Projektpartner ist die Science and Innovation Alliance Kaiserslautern e.V. (SIAK), die sowohl die Verbindung zwischen Wissenschaft und Wirtschaft bietet als auch Aufgaben der Projektöffentlichkeitsarbeit übernimmt. Über einen Unterauftrag ist zudem buildingSMART, das Kompetenznetzwerk für Open-BIM und die Digitalisierung der Bau- und Immobilienwirtschaft, am Projekt beteiligt.

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