Hochschule Anhalt – Studiengänge Landwirtschaft sowie AI Engineering
Die Veranstaltung startete mit einer Begrüßung durch die Organisatoren und Gastgeber: die Hochschule Anhalt, das X-KIT Projekt sowie das Projekt TRANSFORM. Den Veranstaltungsort und einen neuen KI-bezogenen Studiengang mit Agrarschwerpunkt stellte Prof. Dr. Uwe Knauer vor. Der Studiengang hat zum Ziel, den dringend benötigten wissenschaftlichen Nachwuchs auszubilden, der innovative KI-Lösungsansätze für drängende Herausforderungen für die Landwirtschaft sowohl aus Informatiksicht als auch aus ingenieurwissenschaftlicher und agrartechnischer Sicht entwickeln kann.
Die landwirtschaftlichen Studiengänge der Hochschule Anhalt und die Vertiefungsrichtung Agrarwirtschaft und -technik im Sachsen-Anhalt-weiten Studiengang AI Engineering werden am Campus Bernburg-Strenzfeld unterrichtet. An diesen angegliedert sind landwirtschaftliche Versuchsfelder, in denen innovative Ideen und Technologien auf ihre Praxistauglichkeit getestet werden können. Der Standort Bernburg hat dabei auch eine historische Bedeutung als Treiber für nachhaltige Forschung und Entwicklungen in der Landwirtschaft. Im Smart Transformation Lab Innovationswerkstatt knüpft man an diese Traditionen an, um den Wandel der Landwirtschaft mitzugestalten. Gleichzeit sind auch die DLG mit dem Internationalen Pflanzenbauzentrum und die Landesanstalt für Landwirtschaft und Gartenbau Sachsen-Anhalt am selben Standort vertreten.
TRANSFORM
Neben dem X-KIT Projekt und der Hochschule Anhalt wurde die Veranstaltung vom Projekt TRANSFORM mitorganisiert. TRANSFORM konzentriert sich auf die Schaffung von Smart Transformation Labs, wie zum Beispiel die Innovationswerkstatt, um digitale Werkzeuge für die landwirtschaftliche Praxis zu entwickeln und ihren optimalen Einsatz zu kommunizieren.
Die Motivation hinter TRANSFORM besteht darin, den Wissenstransfer zwischen Praxis und Forschung zu ermöglichen. Durch den Einsatz digitaler Werkzeuge sollen Erkenntnisse gewonnen werden und der Erkenntnistransfer in die landwirtschaftliche Praxis soll erleichtert werden.
Das Projekt stellt sich verschiedenen Herausforderungen für Innovationen der landwirtschaftlichen Praxis. Dazu gehört vor allem die gemeinsame Betrachtung von ökonomischen und ökologischen Faktoren sowie ein Schwerpunkt auf dem Transfer von Forschungsergebnissen in die Praxis.
Um diese Herausforderungen zu bewältigen, setzt TRANSFORM auf Instrumente wie den Digitalisierungs-Checkup, Workshop-Angebote vor Ort in Betrieben und in den Smart Transformation Labs, Simulationen und digitale Zwillinge. Diese Instrumente sollen dazu beitragen, den Transformationsprozess in der Landwirtschaft durch die Nutzung digitaler Technologien voranzutreiben und innovative Lösungsansätze zu entwickeln.
Daten im Feld: Wege zur digitalen Bonitur
Die Veranstaltung startete nach der Begrüßung und Vorstellung durch die Gastgebenden mit einem Hands-on-Workshop. Die Teilnehmenden hatten dabei die Möglichkeit, praktische Erfahrungen bei der Generierung von Ground-Truth+-Daten zu sammeln. Nach einer Einführung und Vorstellung des Feldversuchswesens am Campus Strenzfeld wurden Hilfsmittel zur Erhebung von Boniturparametern auf dem Feld vorgestellt. Hervorgehoben wurde dabei, dass Entwicklungen zur effektiveren, einfacheren und schnelleren Bonitur fortlaufend vorangetrieben werden, sowohl mit Eigenentwicklungen, wie zum Beispiel einer Messapparatur zur Bestimmung von Pflanzenhöhen, als auch mit am Markt verfügbaren sensorbasierten Lösungen. So wurde im Detail der N-Tester der Firma Yara zur Bestimmung des Stickstoffgehalts mittels optischer Messung vorgestellt, der bereits seit vielen Jahren in Landwirtschaftsbetrieben zur Erstellung von Düngemittel-Applikationskarten verwendet werden kann. Er wird aber auch eingesetzt, um Referenzdaten für KI-Anwendungen zu generieren, indem damit punktuell digitale Bonituren der untersuchten Pflanzen durchgeführt werden. Der N-Tester, der seit 1995 auf dem Markt ist, ermöglicht eine nicht-invasive und insbesondere nicht-destruktive Schätzung des Stickstoffgehalts in einer Pflanze mittels eines mobilen Handheld-Geräts und einer App direkt auf dem Feld. Die Teilnehmenden hatten die Gelegenheit, den N-Tester in Kleingruppen zu testen und Erfahrungen damit zu sammeln.
Im zweiten Teil des Workshops lag der Fokus auf der Verarbeitung von landwirtschaftlichen Drohnendaten für die Auswertung von Feldversuchen, insbesondere auf der Vitalität von verschiedenen Feldpflanzen wie unterschiedlichen Getreidesorten. Mittels Fernerkundungsdaten und KI-Auswertung könnte perspektivisch ein flächendeckendes und effizientes Monitoringsystem für landwirtschaftliche Flächen geschaffen werden. Für das Training entsprechender Lösungen müssen die Fernerkundungsdaten dafür mit Referenzdaten, wie den Werten des N-Testers, verknüpft werden. Dafür kann beispielsweise eine Software wie Pix4Dfields genutzt werden.
Zunächst wurde die Drohnentechnik an der Hochschule Anhalt vorgestellt, insbesondere die zur Verarbeitung von Drohnendaten verwendete Software Pix4Dfields sowie mögliche Anwendungsgebiete. Entsprechende Ergebnisse können für die Auswertung von Feldversuchen genutzt werden oder auch für das KI-basierte Training für die Bestimmung des N-Bedarfs mittels der multispektralen Drohnendaten. Als unmittelbare Nutzungsmöglichkeit können zum Beispiel Applikationskarten für Düngemittel erzeugt werden. Im Rahmen einer Live-Demonstration konnten die Teilnehmenden die Verarbeitung von Drohnendaten hautnah erleben und sich mit den Möglichkeiten der Technik vertraut machen – wer wollte, sogar am eigenen Laptop.
Daten im Feld: Herausforderungen und Chancen
Nach dem praktischen Teil des Workshops wurde zu Chancen, Risiken und Herausforderungen bei der Bonitur und Erhebung von Referenzdaten an Feldpflanzen diskutiert.
Als erstes wurde die Genauigkeit des N-Testers diskutiert und ob die mit diesem gemessenen Daten als Ground Truth verwendet werden können. Es wurde argumentiert, dass der N-Tester qualitätsgesichert ist und N-Werte mit hohen Korrelationswerten zu Laboruntersuchungen liefert. Bei richtiger Konfiguration können die gemessenen Werte als vertrauenswürdig angesehen werden. Zudem wurde betont, dass der N-Tester als Instrument zur Validierung von Drohnendaten eingesetzt werden kann. Durch diese Validierung erhöht sich die Vertrauenswürdigkeit und Zuverlässigkeit der mit den Drohnendaten erzeugten Modelle. Die Kombination von etablierten Techniken wie dem N-Tester mit modernen KI-Technologien wie Drohnen und Pix4DFields ermöglicht interessante neue Einsatzmöglichkeit im Feld.
Der zweite diskutierte Themenkomplex war die Integration von Drohnenaufnahmen und aus ihnen generierten Karten in landwirtschaftliche Arbeitsabläufe. Dabei wurden verschiedene Aspekte beleuchtet. Zum Beispiel wurde die Frage aufgeworfen, wie genau Landmaschinen Karten umsetzen können, die durch KI-Technologien, aber auch andere klassische Methoden erstellt wurden. Es wurde darauf hingewiesen, dass eine Reduzierung der Anzahl der von KI-Modellen identifizierten Klassen die Umsetzbarkeit der von der KI generierten Ergebnisse durch Landmaschinen erleichtern kann. Zudem wurde besprochen, wie KI-generierte Karten auf Landmaschinen übertragen werden können. Dabei wurde darauf hingewiesen, dass verschiedene Exportformate für den Transfer von Karten aus der Software auf die Landmaschine zur Verfügung stehen. Zu bedenken ist dabei, dass auch KI-generierte Karten in Farmmanagementanwendungen nachbearbeitet und Abstandsregeln und Managementzonen berücksichtigt werden müssen.
Das letzte diskutierte Themenfeld waren die Auswirkungen von störenden Faktoren bei der Aufnahme von Drohnenbildern, wie zum Beispiel Wolkenschatten, auf KI-Workflows. Dabei wurde betont, dass solche Störfaktoren einen erheblichen Einfluss auf die Ergebnisse haben können und bereits bei der Planung und Durchführung der Drohnenflüge berücksichtigt werden sollten. Die digitale Korrektur solcher Störfaktoren gestaltet sich oft schwierig, weshalb die Verwendung von Aufnahmen ohne Störeinflüsse bevorzugt wird. Daraus resultiert, dass Drohnenflüge und Aufnahmen Fachkenntnisse seitens des Bedienungspersonals erfordern. Auf technischer Ebene wurden Multispektraldaten als robustere Alternative zu RGB-Daten genannt. Schließlich wurde darauf hingewiesen, dass die Erstellung einer Ground Truth, die solche Störfaktoren berücksichtigt und miteinschließt, ein strukturiertes Forschungsdatenmanagement erfordert.
Digitale Entscheidungsfindung in der Landwirtschaft: ZEPP und ISIP
Der erste Veranstaltungstag wurde durch einen Vortrag mit anschließender Fragerunde zu den Organisationen ZEPP und ISIP fortgeführt und abgeschlossen. Beide Organisationen arbeiten zusammen, um die Digitalisierung der Landwirtschaft voranzutreiben:
- Die ZEPP (Zentralstelle der Länder für EDV-gestützte Entscheidungshilfen und Programme im Pflanzenschutz) ist verantwortlich für die Forschung und Entwicklung von Modellen im Bereich Pflanzenbau und Pflanzenzüchtung. Sie liefern Daten und Informationen, die für verschiedene Anwendungen genutzt werden können.
- Der ISIP e.V. (Informationssystem für die integrierte Pflanzenproduktion) stellt die IT-Infrastruktur zur Verfügung, um die Modelle der ZEPP zu verbreiten. Sie bietet eine Schnittstelle (API) an, über die die Modelle zugänglich gemacht werden.
Verschiedene Aspekte der Arbeit von ZEPP und ISIP wurden diskutiert:
Es wurde gefragt, wer die Modellbildung steuert und wie diese durchgeführt wird. Es wurde erklärt, dass es ein Netzwerk aus Beratungsdiensten und der ZEPP gibt, welches regelmäßig Informationen, Daten und Anregungen miteinander austauscht. Zudem findet jährlich eine dreitägige ZEPP-Tagung statt, die dem fachlichen Austausch dient und auf der die nächsten Schritte für die kommende Arbeitsperiode geplant werden.
Über die Verfügbarkeit der Daten hieß es, dass Daten aus den Beobachtungsstationen des Deutschen Wetterdienstes (DWD) über ein Datenportal frei verfügbar sind. Hingegen sind die interpolierten Daten der ZEPP nicht frei verfügbar, da sie speziell auf den Anwendungsfall der ZEPP-Modelle abgestimmt sind. Kosten können bei der kommerziellen Nutzung der Daten anfallen, während für Forschungsprojekte keine Kosten entstehen.
Diskutiert wurde zudem, ob die Wahrscheinlichkeiten, die von ZEPP-Modellen berechnet werden, mit einer individueller Bildauswertung kombiniert werden können. Es wurde darauf hingewiesen, dass bisher kein erfolgreiches Projekt bekannt ist, in dem dieser Anwendungsfall umgesetzt wurde, es aber als spannende Möglichkeit betrachtet wird. So könnten Bilddaten das Startwertproblem der ZEPP-Modelle lösen oder vereinfachen.
Schlussendlich wurde die Frage nach der Akzeptanz der durch ISIP-Tools verbreiteten ZEPP-Modelle in der landwirtschaftlichen Praxis gestellt. Es wurde festgestellt, dass dies ein offenes und schwieriges Problem ist, da die Nutzungsintensität der Modelle trotz großer Anstrengungen noch nicht auf dem gewünschten Niveau ist. Eine mögliche Verbesserung könnte darin bestehen, die Anzahl zusätzlich erforderlicher Eingaben durch den Landwirt bzw. die Landwirtin weiter zu reduzieren, da diese Menge oft die Akzeptanz der Anwendung verringert.
Bedeutung für KI-Projekte
Insbesondere der Vortrag des ISIP e.V. zeigte, dass die moderne KI-Forschung im Bereich Pflanzenschutz auf langjährige Vorarbeiten und etablierte Plattformen aufbauen kann. Der Workshop-Charakter der Veranstaltungen ermöglichte einen Einblick, welche Technologien bereits in der Praxis verfügbar sind, und machte am Beispiel des N-Testers deutlich, wie er in Kombination mit neuen Ansätzen genutzt werden kann. Die Veranstalter hoffen, dass die Suche nach Schnittstellen und die Kombination verschiedener Lösungsansätze die Vernetzung verschiedener Themenfelder weiter vorantreibt und zu besseren Lösungen führt. Vor allem müssen diese schnell praxistauglich gemacht werden, um mit Pflanzenzüchtung und effektivem Pflanzenschutz Versorgungssicherheit langfristig zu sichern und negative Umweltauswirkungen im Sektor Landwirtschaft nachhaltig zu reduzieren.