Kosten-Nutzen-Analyse
Das Vernetzungs- und Transferprojekt (VuT) X-KIT beschäftigt sich mit übergreifenden Querschnittsthemen zum Einsatz von KI-Methoden in der Landwirtschaft, der Lebensmittelkette, der Ernährung und dem ländlichen Raum. Darunter fällt auch eine Kosten-Nutzen-Analyse der eingesetzten KI-Methoden. Die verwendeten KI-Methoden in den KI-Projekten sind vielschichtig, genauso wie die Anwendungsfälle (z. B. Textverarbeitung, Bildverarbeitung) und Anwendungsbereiche (z. B. Pflanzenbau, Tierhaltung, Lebensmittelvertrieb). Somit ist die Erfassung von wesentlichen Kosten- und Nutzenfaktoren der eingesetzten KI-Methoden komplex. Es wurde eine Online-Befragung der KI-Projekte durchgeführt, um erste Einblicke und Hinweise über Kosten und Nutzen im Kontext von KI-Methoden zu bekommen. Aufgrund der unterschiedlichen Projektphasen und Anwendungsfällen wurden im Rahmen der Online- Umfrage keine monetären Beträge auf der Kosten- und Nutzenseite erfasst und verglichen.
Herausforderungen einer Kosten-Nutzen-Analyse für KI-Methoden
Viele Domänen befinden sich durch die digitale Transformation [OSK22] im Wandel und stehen vor zahlreichen Herausforderungen. Dies betrifft auch die Landwirtschaft, die Lebensmittelkette, die Ernährung und den ländlichen Raum. Die Implementierung von KI-Anwendungen hat das Potenzial, bestehende Prozesse und Arbeitsweisen massiv zu verändern. KI-Methoden werden unterschiedliche Vorteile zugesprochen, die aus Kosten-Nutzen-Sicht im gesamten Prozess betrachtet werden müssen [Go22]. Eine positive Kosten-Nutzen Bilanz hat einen Einfluss auf die Akzeptanz neuer Technologien und damit auf die Geschwindigkeit der digitalen Transformation. Aktuell gibt es allerdings nur wenige Studien, die die Kosteneffizienz von KI-Methoden untersuchen. Vor allem in Forschungsprojekten ist eine konkrete Kosten-Nutzen-Analyse schwierig, da oftmals nur Annahmen über monetäre Kosten und Nutzen getroffen werden können. Ziel der Umfrage war es erste Hinweise und Parameter über Kosten und Nutzen von KI-Methoden zu sammeln, um den Mehrwert in anschließenden Schritten monetär bewerten zu können.
Die Erfassung von Kosten- und Nutzenparametern ist darin begründet, dass es sich in diesem Kontext um Forschungsprojekte handelt, die alle unterschiedliche Technologie Reifegrade (Technology Readiness Level – TRL) anstreben. In Anlehnung an den TRL gibt es aus dem Bereich der Industrie den »Manufacturing Readiness Level (MRL)«, der ebenfalls in unterschiedliche Reifegrade unterteilt ist. Im MRL wird in der Stufe 4 & 5 (entspricht beim TRL ebenfalls ungefähr Stufe 4) kostentreibende Faktoren identifiziert und analysiert (vgl. Abbildung 1). Dies unterstreicht das Vorgehen zunächst nur Kosten- und Nutzenparametern zu erfassen und keine monetäre Erfassung dieser durchzuführen. Hinzu kommt, dass die KI-Projekte sich in unterschiedlichen Projektphasen befinden.
Im Rahmen vom VuT Projekt X-KIT wurde eine Online-Umfrage durchgeführt, um Parameter und Anhaltspunkte über die komplexe Kosten-Nutzen-Rechnung von KI-Methoden herauszufinden. Zu dieser Umfrage wurden alle Projektmitarbeiterinnen und -mitarbeiter der 36 vom BMEL geförderten KI-Projekten eingeladen. Es gab einen Rücklauf von 24 Antworten, die bei der anschließenden Analyse auf 19 verwertbare Antwortdatensätze reduziert wurden.
Auswertung der Umfrage
Am Anfang der Umfrage wurden die adressierten Anwendungsbereiche abgefragt. Die Ergebnisse verdeutlichen die eingangs erwähnten vielfältigen Anwendungsbereiche der KI-Methoden. Abbildung 2 stellt diesen Aspekt dar und unterstreicht, dass es schwierig ist, eine allgemeine Methode zur Kosten-Nutzen-Berechnung von KI-Methoden in den vielfältigen Bereichen zu entwickeln.
Im Bereich der direkten Kosten wurden insbesondere drei hauptsächliche Kostenfaktoren angegeben. In 14 der insgesamt 19 eingegangenen Antwortdatensätzen werden Aufwendungen für sensorische Komponenten angegeben (entspricht 74% des Antwortdatensatzes). Auch bildgebende Sensorik (RGB-, Multispektral- und Hyperspektralkameras) finden in unterschiedlichen Einsatzfeldern Verwendung (12 Antworten – Mehrfachauswahl war möglich). Unter der Kategorie »Sonstiges« wurden zum Teil noch Ergänzungen angegeben, wie zum Beispiel Wetterstationen, Tiefenkameras, oder proprietäre Sensoren. Abbildung 4 stellt dies dar.
Weitere Ausgaben für Hardwarekomponenten kristallisierten sich in absteigender Reihenfolge für Rechnersysteme bzw. Laptops, gefolgt von Rechenclustern, alternativen Trägersystemen sowie Speicherkapazitäten aus.
Als weitere Kostenfaktoren wurden Personalkosten angegeben, gefolgt von Lizenzgebühren und Kosten für die Serverinfrastruktur und ist in Abbildung 4 dargestellt. Diese aufgezeigten Kostenpositionen deuten an, dass bei einer möglichen Markteinführung im Kontext des Personals ein Mehr an spezialisiertem und präzisem Wissen erforderlich ist. Darüber hinaus stellen Elemente zur Bewältigung der Datenspeicherung, -verteilung und zentralen Strukturierung eine wesentliche finanzielle Dimension dar. Unter sonstigen Kosten wurden zum Beispiel Kosten für das Labeling von Daten angegeben.
Ein weiterer Kostenfaktor liegt im Bereich der Internet- und Mobilfunkversorgung. Hier gaben 36% der Teilnehmenden an, dass die Verfügbarkeit der Netzabdeckung für sie einen weiteren Kostenaspekt darstellt.
Indirekte Kosten, wie zum Beispiel ein erhöhter Stromverbrauch für den Einsatz von KI-Methoden in der Praxis, wurden in der Online-Umfrage nicht abgefragt. In diesem Fall muss zwischen Stromverbrauch für das Training der KI-Modelle und für den Testeinsatz in der Praxis unterschieden werden. Des Weiteren gibt es hier unterschiedliche Herangehensweisen den Stromverbrauch von KI-Methoden zu messen, wie zum Beispiel über einen klassischen Stromzähler, oder die CPU-Auslastung von Rechnern. Jedenfalls muss hier eine einheitliche Abgrenzung des KI-Systems erfolgen, um eine Berechnung durchzuführen.
Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass die primären Kostenfaktoren aus der Anschaffung der benötigten Software (z.B. Lizenzgebühren) sowie den Anschaffungskosten der eingesetzten Hardware (z.B. Sensorik) resultieren. Weitere genannte Kostenpunkte kommen aus den Bereichen der Mitarbeiterschulung, Speicherkapazitäten und der allgemeinen Internet- und Mobilfunkkosten.
Nutzen der KI-Methoden
Der dominierende Aspekt des direkten Nutzens (d. h. monetär messbar) in der Gesamtheit der befragten KI-Projekte (in einer Anzahl von 68%) zeigt sich in der Zeitersparnis. Dieser Faktor erweist sich als signifikantes Merkmal, da er die Befähigung zur Durchführung weiterer Tätigkeiten unter Verwendung der freigesetzten Zeitressourcen ermöglicht. Insbesondere vor dem anstehenden Fachkräftemangel ist dies ein relevanter Faktor.
Ein weiterer Aspekt betrifft die Reduktion von Produktionsmitteln. Bei dieser Betrachtung ist von Bedeutung, ob diese ökonomische Effizienz durch die Aufwendungen für die Implementierung der KI-Anwendung kompensiert wird.
Unter »Sonstiges« wurden Aspekte wie erhöhte Sicherheit und Sichtbarkeit aufgeführt.
Im Kontext des indirekten Nutzens zeigt sich ein ausgewogenes Antwortverhalten. Neben der Mitarbeiterzufriedenheit ist es vor allem die Schonung natürlicher Ressourcen, die am häufigsten genannt wird und einen wichtigen Beitrag zu einer nachhaltigen und energieeffizienten Ressourcennutzung leisten kann.
Zusammenfassend setzten sich die Nutzenfaktoren aus den primären Punkten Arbeitszeitersparnis, Betriebsmitteleinsparung und Arbeitserleichterung zusammen. Außerdem gilt es zu analysieren, inwiefern die genannten indirekten Faktoren auch dem direkten Nutzen zugeordnet werden können.
Diskussion, erste Ergebnisse und Ausblick
Die resultierenden Ergebnisse geben erste Hinweise auf Chancen und Herausforderungen, die mit der Einführung neuer KI-Methoden verbunden sind. Es wird das Potenzial gesehen, dass der Einsatz von KI-Methoden zu Effizienzsteigerungen und Kosteneinsparungen führen kann. Auf der anderen Seite zeichnen sich aber auch neue Herausforderungen ab, wie zum Beispiel die zukünftige Ausbildung von Fachkräften, um solche Lösungen in der Praxis anwenden zu können. Da in dieser Umfrage Forschungsprojekte im Fokus standen, wird es sich erst in der Zukunft und weiteren Projektfortschritten zeigen, ob die anfallenden Betriebskosten von KI-Anwendungen durch den betriebswirtschaftlichen Mehrwert gedeckt werden können. Darüber hinaus wurde der gesellschaftliche Nutzen durch den Einsatz von KI-Methoden positiv bewertet. Dieser Aspekt muss jedoch noch genauer untersucht werden. Es erweist sich als durchaus schwierig, solche Effekte überhaupt messbar zu machen. Weiterhin sollten in einer detaillierten Betrachtung der Überführung in die Praxis von KI-Systemen mögliche Reboundeffekte berücksichtigt werden.
In der Online-Umfrage wurden ebenfalls die aktuellen TRL-Level abgefragt und es zeichnete sich ein stark durchmischtes Bild ab, sodass von TRL 0 bis TRL7 alles vertreten war. Am häufigsten wurde TRL 5 angegeben. Dies unterstreicht, dass zum Zeitpunkt der Online-Befragung lediglich eine Erfassung relevanter Nutzen- und Kostenparameter, nicht aber eine Erfassung der tatsächlichen Kosten möglich ist. Abbildung 1 verdeutlicht diesen Aspekt.
Im Hinblick auf eine angestrebte Einführung der KI-Lösungen in die Praxis ist es sinnvoll sich möglichst frühzeitig mit Kosten- und Nutzenfaktoren auseinander zu setzen. Die durchgeführte Kosten-Nutzen-Umfrage ist nicht dafür geeignet eine ökonomische Auswertung einzelner Projekte durchzuführen, um fundierte Zahlenwerte betrachten zu können. Insgesamt ermöglichen die Ergebnisse der Online-Umfrage eine erste Einschätzung über mögliche Kosten und Nutzen, sowie das Bewusstsein für die Kosten-Nutzen-Analyse in Richtung Markteinführung zu stärken.
Literaturverzeichnis
[Bl22] | Technologiereifegrade, online verfügbar unter: https://www.ble.de/SharedDocs/Downloads/DE/Projektfoerderung/Innovationen/DIP/Merkblatt-Technologiereifegrade.html, zuletzt besucht am 27.05.2024 |
[Go22] | Gomez Rossi, Jesus; Rojas-Perilla, Natalia; Krois, Joachim; Schwendicke, Falk (2022): Cost-effectiveness of Artificial Intelligence as a Decision-Support System Applied to the Detection and Grading of Melanoma, Dental Caries, and Diabetic Retinopathy. In JAMA Network Open 5 (3), e220269. DOI: 10.1001/jamanetworkopen.2022.0269 |
[OSK22] | Oswald, G.; Saueressig, T.; Krcmar, H.: Digitale Transformationen, 2. Auflage, Springer Gabler, 2022 |
[Wi24] | Manufacturing readiness Level, online verfügbar unter: https://en.wikipedia.org/wiki/Manufacturing_readiness_level, zuletzt besucht am 27.05.2024 |
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