Die elektrische Energiewirtschaft befindet sich in einem grundlegenden Wandel: Auslöser sind die Trennung von Netzbetrieb, Erzeugung und Handel (Unbundling), die Liberalisierung des Messwesens sowie die zunehmende dezentrale Energieerzeugung auf Basis erneuerbarer Energien durch in der Leistung stark fluktuierende Anlagen (Wind und Sonne).
Da Erzeugung und Verbrauch im Stromnetz zu jedem Zeitpunkt im Gleichgewicht stehen müssen, wird so genannte Regelleistung (auch: Regelenergie) benötigt, um Differenzen zwischen vorausgeplanter Erzeugung (gemäß der erwarteten Verbrauchskurve) und tatsächlichem Verbrauch kurzfristig auszugleichen. Regelleistung muss z.B. durch jederzeit einsatzbereite Kraftwerkskapazitäten sehr kurzfristig bereitgestellt werden und ist daher in der Regel mit erheblich höheren Kosten verbunden als längerfristig planbare Beschaffungen. Je genauer Einspeisung und Verbrauch prognostiziert werden können, desto früher und genauer lässt sich die Energiebeschaffung planen und desto geringer ist der Bedarf an teurer Regelleistung.
Vor diesem Hintergrund untersuchte das Fraunhofer IESE im Auftrag der Axpo AG, einem führenden Schweizer Energieunternehmen, die Machbarkeit und Rahmenbedingungen für ein »Smart Forecast«. Ziel des Smart Forecast ist eine genauere Prognose des Stromverbrauchs einzelner Haushalte bzw. Regionen auf Basis detaillierterer Messwerte und weiterer Datenquellen. In einem ersten Schritt wurde dazu die Prognose des Energieverbrauchs eines Haushalts mithilfe verschiedener Messverfahren untersucht. Darauf aufbauend wurde in einem zweiten Schritt die Prognose auf eine bestimmte Region auf Basis ausgewählter Haushalte ausgeweitet und die Prognosegenauigkeit untersucht.
Für die Verbrauchsprognose für einzelne Haushalte wurden verschiedene Arten der Instrumentierung eines Haushalts mit Strommessgeräten im Hinblick auf ihr Potenzial zur Prognose des Energieverbrauchs untersucht. Reicht die Messung des Gesamtverbrauchs aus für eine akzeptable Verbrauchsprognose oder ermöglicht die Messung pro Stockwerk, Schaltkreis oder Einzelverbraucher eine wesentlich genauere Prognose? Welche Rolle spielen andere Größen wie Wetterprognosen oder geplante Abwesenheiten und Aktivitäten der Bewohner? Welche Möglichkeiten gibt es, diese Informationen effizient und für die Bewohner akzeptabel zu erfassen? Welche Prognoseverfahren eignen sich unter welchen Bedingungen am besten für die Verbrauchsprognose? Um diese Fragen zu beantworten, wurden neben den Messwerten auch Wetterprognosen sowie die Planungen der Bewohner erfasst und in die Analyse einbezogen.
Als Ergebnis der Analyse der gesammelten Messdaten und sonstigen Daten wurde jeden Morgen der für den folgenden Tag erwartete Energieverbrauch in einer Auflösung von 15-Minuten-Abschnitten vorhergesagt. Zusätzlich protokollierten die Bewohner im Rahmen der Studie täglich eventuelle besondere Vorkommnisse, die sich auf den Stromverbrauch auswirkten. Diese Protokolle wurden zur nachträglichen Plausibilisierung der tatsächlichen Verbräuche herangezogen.
Zur Vorbereitung der Studie wurde ein typischer Haushalt ausgewählt und mit zusätzlichen Messeinrichtungen ausgestattet; die Bewohner wurden über die Studie und die erforderliche Mitwirkung informiert. Über einen Zeitraum von mehreren Wochen wurden sämtliche Messdaten sowie weitere Informationen (Planungen der Bewohner, Wetterprognosen) gesammelt und mithilfe verschiedener Prognoseverfahren ausgewertet. Begleitend wurden Interviews mit den Bewohnern durchgeführt, u.a. um die Akzeptanz der Datenerhebung zu ermitteln.