Im Rahmen der Zusammenarbeit trug das Fraunhofer IESE zu drei Schlüsselaspekten der Systementwicklung bei. Der primäre wissenschaftliche Beitrag besteht in der Integration dynamischer Sicherheitsmechanismen, um die Leistung des Zielsystems zu verbessern, indem zur Laufzeit realistische, menschenähnliche Annahmen zum Verhalten von Fußgängern an Überwegen getroffen werden. Um die Sicherheit zu gewährleisten, verwendet das System zunächst eine statische Parametrisierung des Fußgängerverhaltens im schlimmsten Fall, bei der unrealistischerweise davon ausgegangen wird, dass Fußgänger sich plötzlich mit Geschwindigkeiten bewegen könnten, die mit denen eines olympischen Goldmedaillengewinners vergleichbar sind. Dieser konservative Ansatz stimmt nicht mit den typischen Erwartungen menschlicher Fahrer überein, die das Verhalten von Fußgängern dynamischer einschätzen.
Das Fraunhofer IESE trug zur Verbesserung des Systems bei, indem es das Verhalten von Fußgängern aus der Perspektive eines menschlichen Fahrers analysierte und modellierte, wodurch das System in die Lage versetzt wurde, die Sicherheitsparameter dynamisch anzupassen, um sie besser auf Echtzeitsituationen abzustimmen. Dieser Ansatz macht die Reaktionen des autonomen Systems intuitiver und menschenähnlicher, was wiederum die Akzeptanz bei den Betreibern und Fahrgästen des Systems erhöht, da das Verhalten des Systems dem eines menschlichen Fahrers ähnelt.
Die signifikante Verbesserung der Systemleistung durch die Verwendung sicherer, aber realistischerer Sicherheitsparameter für bestimmte Situationen wird durch die vom Fraunhofer IESE entwickelte Methode »Situation-Aware Dynamic Risk Assessment« (SINADRA) erreicht. Diese Methode wird durch den »Symbiotic Safety«-Ansatz von Hitachi, Ltd. ergänzt. Zusammen bilden sie einen robusten Rahmen für die Verbesserung der Interaktion zwischen autonomen Fahrzeugen und Fußgängern in dynamischen Umgebungen.
Ein zweiter Beitrag fokussiert auf der Anpassung der Sicherheit der beabsichtigten Funktionalität (»Safety of the Intended Functionality (SOTIF)«). Die ebenfalls vom Fraunhofer IESE entwickelte Technologie der »Conditional Safety Certificates« (ConSerts) befähigt das System, sich dynamisch an SOTIF-Fehler anzupassen, die zur Laufzeit auftreten. Diese Fähigkeit gewährleistet, dass das System seine eigenen Fähigkeiten genau und sicher bewerten kann. Darüber hinaus werden alle für die Implementierung anderer Sicherheitstechnologien im Rahmen dieser Zusammenarbeit erforderlichen und davon betroffenen Fähigkeiten durch Anpassungen des Systems adressiert. Dieser Prozess erleichtert eine robuste und zuverlässige Anwendung dynamischer Risikomanagementstrategien zur Laufzeit, indem er geeignete Anpassungen des Systems ermöglicht.
Schließlich wurden diese Modelle mithilfe der »Digital Dependability Identities (DDI)«-Technologie in ausführbare Software umgewandelt und in die Zielsystemarchitektur des autonomen Shuttlebusses und des BRT-Systems integriert.
Das Gesamtsystem einschließlich der verschiedenen Technologien wurde für Fußgängerüberwege sowohl in Simulationen als auch an einem realen System auf einem geschlossenen Testgelände auf dem Hitachi-Campus in Japan erfolgreich evaluiert. Die Evaluierung ergab, dass sich die Systemleistung verbessert hatte, sodass das System an einem Fußgängerüberweg jetzt nicht mehr jedes Mal warten muss, wenn es auf einen Fußgänger trifft, wie in der folgenden Abbildung dargestellt: